Berufswunsch: Hollywoodstar & Nonne

Hillevi Hofmann

von Hillevi Hofmann

Story

Bevor ich 2017 zum Kulturjournalismus wechselte, durfte ich meine Gummibärchen ganze 23 Jahre lang als minderbegabte Schauspielerin verdienen. Das war wahrlich nicht immer leicht. Trotzdem sah ich die Schauspielerei, seit ich denken kann, immer als meine ureigenste Berufung an.

Den Stein des Anstoßes gab mir der Audrey Hepburn Film “The Nun’s Story”, der mich als Kleinkind so sehr beeinflusste, dass ich erst einmal Nonne werden wollte. Als ich dann Monate später die Hepburn in “Breakfast at Tiffany’s” sah, wollte ich doch lieber Filmstar & Hetäre werden. Gottesgläubig und gut situiert im Sündenpfuhl Hollywood. Dass Schauspiel nicht immer nur Spaß & Glamour bedeutet, wusste ich als damals natürlich nicht.

Meine erste öffentliche Theateraufführung hatte ich, abgesehen von ein paar kleinen (beschwipsten) Romeo & Julia-Szenen vor meiner Familie, schließlich mit 10 Jahren am Ferienlager auf Burg Finstergrün. Ich durfte eine schwer kranke Frau spielen, die die meiste Zeit des Stückes im Bett liegt und stirbt. Der Applaus war frappant. Auch, wenn ich vor meinem Bühnentod lediglich ein paar Wörter ausspucken durfte.

Danach spielte und tanzte ich mich durch diverse Schultheateraufführungen, bis ich durch unser Kindermädchen Piroska zur Salzburger Elisabethbühne kam. Dort wurde mir mehr und mehr bewusst, dass hinter dieser ganzen Spielerei ganz schön viel Arbeit liegt. Was mich heute zum Schmunzeln bringt ist, dass ich die meiste Zeit meiner schauspielerischen Laufbahn tatsächlich Prostituierte oder Leichen gespielt habe – und einmal eine Nonne.

Mit 15 Jahren schrieb ich an meiner ersten Oscar-Dankesrede und entschied mich für den klingenden Künstlernamen “Vivian Heywood”. Jahrzehnte lang musste ich danach die Witzeleien meiner Eltern ertragen, die sich über meine Hollywoodpläne abwechselnd zerkugelten und maßlos ärgerten. Wäre ich doch nur beim Berufswunsch Nonne geblieben. Ophelia geht ins Kloster. Happy End.

Von Nonnen hab ich aber Dank meiner Internatszeit auf Schloss Goldenstein die Nase voll. Nonne war nach meiner katholischen Entgleisung also keine Option mehr. Hollywoodstar nach der Reaktion meiner Eltern ebenso wenig. So blieb mir nur eine Möglichkeit: Den Beruf von der Pieke auf lernen.

Nach 23 Jahren bei Film und Theater wurde mir schließlich bewusst, dass mich diese Berufung nicht mehr zur Gänze erfüllt. Ich war es leid, immer perfekt aussehen zu müssen. Leid, zu sehen, wie talentiert andere sind und wie endlich meine schauspielerischen Möglichkeiten.

Heute gehe ich voll und ganz auf, wenn ich über Theater und Film schreibe. Dennoch blicke ich voller Freude an die mitunter schönsten Erinnerungen meines Lebens, und auf die Bretter, die die Welt bedeuteten zurück: Theatersommer Retz, Salzburger Festspiele und Josefstadt.

Fazit: Die entgleiste Nonne, die vom Hollywood-Möchtegernstar über die Schauspielerei zum Schreiben kam. Auch schön.

© Hillevi Hofmann 2021-01-08

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