von Mia Krüger
Es war der Heiligabend und die Straßen waren von einer dicken Schneedecke bedeckt. Die Lichter der Stadt funkelten im kalten Winterabend und aus den Fenstern der Häuser schimmerten warme Lichter, die den Beginn der Feiertage ankündigten. Doch Valerie saß alleine in ihrer kleinen Wohnung und fühlte sich nicht besonders festlich. Es war das erste Mal, dass sie Weihnachten nicht mit ihrer Familie verbrachte. Seit Jahren war Weihnachten immer ein Fest der Zusammenkunft, der Liebe und des Lachens gewesen. Doch in diesem Jahr hatte sie beschlossen, nach vielen Jahren von ständigen Reisen und dem ständigen Stress der Feiertage, alleine zu bleiben. Sie hatte sich vorgenommen, Weihnachten auf ihre Weise zu verbringen – ruhig, ohne die Hektik der Reisen, ohne die Erwartung, alles perfekt zu machen. Die letzten Wochen waren für sie turbulent gewesen, mit einem neuen Job und wenig Zeit, sich auf die bevorstehenden Feiertage vorzubereiten. Valerie hatte das Gefühl, dass der Dezember schneller vergangen war als jeder andere Monat. Und nun, an diesem Abend hatte sie keine Pläne. Keine Geschenke zu verpacken, keine großen Familienessen, nur ihre kleine Wohnung, den Duft von frischem Tee und die weihnachtlichen Lichter am Baum. Doch während sie sich in ihre Decke kuschelte und durch die Weihnachtsfilme zappte, spürte sie eine seltsame Leere. Es war nicht die Einsamkeit, die sie erwartet hatte, sondern ein leises Gefühl der Traurigkeit, weil ihr der Zauber der Weihnacht fehlte – das Zusammenkommen, das Lachen, der Austausch. Plötzlich klopfte es an der Tür. Verwundert öffnete Valerie und fand vor ihr einen kleinen Korb mit selbstgebackenen Plätzchen und einer Karte. Die Karte war von ihrer Nachbarin, einer älteren Dame, die sie immer im Treppenhaus getroffen hatte. Valerie hatte nie wirklich mit ihr gesprochen, aber sie hatte sich immer gefreut, wenn sie sich begegneten. „Frohe Weihnachten, Valerie! Ich hoffe, du findest etwas Ruhe in dieser besonderen Zeit. Wenn du möchtest, komm doch vorbei. Ich habe für uns beide Kekse und Tee vorbereitet„. Valerie war überrascht. Diese kleine, unerwartete Geste berührte sie mehr, als sie erwartet hatte. Es war ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnte. In diesem Moment wusste sie, dass sie nicht wirklich allein war. Sie nahm die Einladung an und ging zu ihrer Nachbarin. Die Tür zu ihrer Wohnung öffnete sich und Valerie trat in ein warm erleuchtetes Wohnzimmer, das den Duft von frisch gebackenen Keksen und Zimt ausstrahlte. Sie begrüßte sie herzlich und setzten sich zusammen, tranken Tee und erzählten sich Geschichten. Der Abend war ruhig, fast bescheiden, aber voller herzlicher Momente. Es war das erste Mal, dass Valerie Weihnachten in solch einem entspannten, aber tiefgreifenden Moment verbrachte. Es war nicht die festliche Feier ihrer Familie, aber es war dennoch etwas Besonderes. Die Wärme und Gastfreundschaft ihrer Nachbarin gaben ihr das Gefühl, dass Weihnachten nicht nur in großen Feiern oder in der Nähe von Verwandten stattfinden muss. Es kann in den kleinen, unerwarteten Momenten geschehen in der Verbindung mit anderen, in der Geste der Freundlichkeit. In dieser Nacht schlief Valerie mit dem Gefühl ein, dass Weihnachten wirklich die Zeit ist, in der man auf die kleinen, aber wertvollen Momente achten sollte und dass diese Momente oft dann entstehen, wenn man es am wenigsten erwartet.
© Mia Krüger 2024-11-29