Bettgeflüster

René Kmet

von René Kmet

Story

Ein Gefühl der Panik reißt Josef aus seinen süßen Träumen. Mit einem Mal ist er hellwach, alle Sinne sind in höchster Alarmbereitschaft. Ohne hinzusehen, die Augen immer noch geschlossen, spürt er, dass seine Frau neben ihm aufrecht im Bett sitzt und ihn anstarrt. Hat sie nicht eben seinen Namen geflüstert? Oder hat er sich das im Halbschlaf eingebildet?

»Josef?«

Nein, schon wieder. Keine Einbildung.

Josef dämmert, dass ihm ein Missgeschick passiert sein muss. Süß hat er geträumt, zuckersüß, von der schönen Nora.

Dumm nur, dass seine Frau Edith heißt. Und dumm, dass er dazu neigt, im Schlaf vor sich hinzureden. Ist ihm Noras Name etwa laut über die Lippen gerutscht? – Vermutlich, denn er spürt, wie angespannt, wie entrüstet Edith neben ihm im Bett sitzt, den Blick ganz auf ihn gerichtet.

Fieberhaft sucht Josef nach einem Ausweg. Jetzt gilt es, schnell zu handeln, denn lange würde er nicht mehr den Schlafenden mimen können. Wie kommt er aus dieser Sache wieder raus?

Plötzlich die rettende Idee:

»Nora«, flüstert er, den schleppenden Tonfall eines Schlafenden imitierend, »Nora, lass mich in Ruhe. Ich liebe doch Edith.«

Josef hält den Atem an. Stille.

Schließlich spürt er, wie sich Edith neben ihm entspannt. Langsam, quälend langsam, sinkt sie zurück in ihr Kissen. »Guter Mann«, murmelt sie, dann schläft sie ein.

Josef kann ein Lächeln nicht unterdrücken. Gerettet. Diese Geschichte wird er Nora erzählen müssen, wenn er das nächste Mal bei ihr ist.

© René Kmet 2021-08-04

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