von Doris Wallner
Wie aus meiner letzten Story bekannt, gehöre ich zur hier offenbar weitverbreiteten Spezies der Bücherwürmer. Kein Raum ohne Bücher, kein Tag ohne Lesen.
Selbst in besonders stressigen Phasen bleibt immer noch Zeit für Lektüre, zumindest am Anfang und Ende des Tages. Ein Frühstück ohne Lesen gibt es nicht (außer auf Reisen, und selbst da kaum), ohne Essen schon des Öfteren. Wasser, Kaffee und „Stoff“ (also, der zum Lesen) müssen einfach sein.
Ich liebe es. Einmal, weil ich endlos wissbegierig bin und mich für verschiedenste Themen interessiere. Zum anderen… Ach ich denke, ich muss hier niemandem erklären, was diese besondere Faszination ausmacht, ihr wisst, wovon ich spreche.
Und ich liebe es, Bücher in der Hand zu haben, die Oberfläche des Umschlags zu be-greifen, beim Blättern das Papier zu fühlen, zu riechen, zu hören.
Und genau aus diesem Grund habe ich einen E-book Reader lange abgelehnt. All diese wunderbaren Dinge könnte mir so ein elektronisches Ding nie geben.
Irgendwann, angestachelt durch die begeisterten Berichte einiger Kolleg*innen, ließ ich mich dann doch dazu hinreißen, mir einen Kindle zuzulegen (damals bestellte ich noch bei diesem alles verdrängenden Internetgiganten). Ich packte ihn aus, aktivierte ihn und wusste nach einem halben Tag: Nichts für mich. Ich kann eigentlich nicht erklären, was es war, das mich so abstieß. Das Display, das mir unsympathisch in die Augen stach? Das Bauchgefühl, das mich nicht von einem einzelnen Konzern abhängig werden lassen wollte? Oder einfach der falsche Zeitpunkt? Keine Ahnung. Am nächsten Tag schickte ich ihn zurück, fühlte mich befreit.
Etwa zwei Jahre später ergab sich zufällig ein Gespräch mit einem Bekannten über die Vorzüge digitalen Lesestoffs. Und ich begann, wieder darüber nachzudenken. Dass es ein freier Reader sein müsste, war klar. Einer, für den ich in jeder Bibliothek ausleihen, bei jedem Buchhändler einkaufen könnte.
Ein Tolino, schick im Jeansgewand, musste also her. Er blieb.
Und bewährte sich. Nicht als Ersatz (Niemals!!!), sondern als perfekte Ergänzung zu seinen „echten“ Kollegen. Verschiedenste Klassiker kostenlos im Internet zu bekommen, die unendlichen Weiten der Stadtbibliothek nutzen zu können, ohne 2 Stunden Anreise in die Landeshauptstadt auf sich zu nehmen, innerhalb von Sekunden ein bestimmtes Buch frei Haus „geliefert“ zu bekommen. Das hat schon was.
Die Vorzüge einer unerschöpflichen Reisebibliothek mit Fliegengewicht sind selbsterklärend.
Das Beste an ihm aber ist, dass er mich jeden Abend verlässlich in den Schlaf begleitet. Kein Aus-der-Hand- und-unerwünschtes-Zufallen eines Buches, kein ewiges Nachttischlampenbrennenlassen, das ein entspanntes Einschlafen verhindern könnte. Nur Lesen und damit das Gedankenkarussell des Tages ausschalten können. Ohne Brille, Schriftgröße bestimme ja ich, liege ich da, er liegt neben mir…
Und wenn ich morgens aufwache, liegt er noch immer da. Und lächelt…
© Doris Wallner 2020-07-20