BILINGUAL

Micaela Hemesath

von Micaela Hemesath

Story

Gerade als wir es uns auf zwei Couchen gemütlich gemacht hatten, ich halbliegend mit Blick auf den Fernseher. Der ewig junge Thomas Gottschalk moderiert die 90er Show. Immer noch besser als die Wörthersee Show auf dem heimischen Kanal! Viel habe ich da nicht mitbekommen, da wir gerade in Amerika lebten. Ausser Nirwana, mit dem ungepflegten Kurt, in immer denselben Klamotten, kannte ich viele der Künstler nicht. Aber gemütlich war´s! Die Lady okkupierte die zweite Couch, langgesteckt auf dem Rücken liegend, ca. einen Meter lang, die Pfötchen in meinen Händen, laut schnurrend. Nebenbei bekam sie noch eine gekonnte Massage, habe ich doch manuelle Therapien gelernt. Draußen gewitterte es, wir haben es gemütlich.

Ein schriller Ton schreckte uns auf, beide gleich “hab Acht”, ich auf zwei Beinen, sie auf vier Pfoten. Das Frauchen störte. Sie kam von ihrem einwöchigen Ausflug zurück und die amerikanische Lady konnte auschecken. Ganz schön viel Gepäck! Das eigene Klo, einen kleinen nachgemachten Baum mit Sisal umwickelt, edles Porzellan für die erlesenen Speisen. Jeden Tag eine andere Geschmacksrichtung. Man gönnt sich ja sonst nix. Ausserdem natürlich die Bürste für die Schönheit, diverse Tropfen, das lästige Ungeziefer abzuwehren und eine Fusselrolle. Selbige ist unbrauchbar, da man bei der haarigen Dame gar nicht nachkommt mit Rollen. Das Frauchen wird total missachtet, Chepi saust in Richtung Hauseingangstür die Treppe runter und möchte wieder in die Freiheit. Pech gehabt. Erstens regnet es und zweitens um die Uhrzeit müssen brave Katzendamen Zuhause bleiben. Ausser, die kommen erst gar nicht Nachhause, wenn man sie ruft. Hat bei mir klaglos geklappt. Sie zeigt mir, dass sie wohlerzogen ist. Mit der Zweisprachigkeit das hat auch prima geklappt. Sofort wurde aus: You want to go out? Ein bayerisch kurz und prägnantes “Aussi”? Die Frage nach dem Hunger und ob ich der Gnädigen anrichten soll, wurde ebenfalls in schlanker Konversation untergebracht: “Fressi”?

Das Morgenzeremoniell war eingespielt. Das gnädige Fräulein bewohnte das Wohnzimmer und den Balkon. Einmal vergaß ich die Schlafzimmertür zu schliessen und wurde durch munteres Köpfchen geben sanft aufgefordert, ihr das hingestreckte Hinterteil zu kraulen. Es war drei Uhr in der Nacht. Also Katzen Entertainment Time. Mein lautes Lachen erwiderte sie mit umso lauterem Schnurren. Als Frühaufsteherin ist bei mir spätestens um 7 Uhr Kaffeezeit, was sie mit einem Coucheinnehmenden Räkeln und Gähnen erwiderte. Madame ist eine “Spätstückerin”, also stinkt das Fressi weiter so vor sich hin, bis sie gnädig weiterfrisst, ein paar Stunden später. Nicht zu vergessen, ich muss dreibeinig vom ersten Stock die Hauseingangstür öffnen, im Nachthemd. Das echte Frauchen hat noch ein Stockwerk mehr zu bewältigen. Aber was tut man nicht alles für seinen Liebling?

Also liebe Amerikanerin, du eigenwillige Lady – bis zum nächsten Check in!

Foto: Martin Bjork, unsplash

© Micaela Hemesath 2021-07-25

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