von Silke Wrbouschek
Seit Wochen verfolge ich regelmäßig die Nachrichten, ganz unüblich für mich. Ich möchte jedoch auf dem neuesten Stand wegen der Corona-Sache sein. Klar, wieder so ein Text auf Corona bezogen. Und dann taucht plötzlich die Frage auf:
„Bin ich ein Glückskind?“
Ja, denn ich durfte meinen Lebenstraum, 180 Tage Weitwandern, ohne Sorgen, ohne Angst, ohne Ausweispflicht oder Sonstiges im Vorjahr ausführen.
„Bin ich ein Glücksind?“
Ja, denn ich bin bester Gesundheit, habe zwei gesunde Arme und Beine und kann von meinen Erlebnissen zerren.
„Bin ich ein Glückskind?“
Ja, denn eine Woche vor Corona-Ausbruch habe ich noch einen Job gefunden und arbeite. Ich verdiene mein Geld, ich kann meine Wohnung bezahlen. Vielleicht nicht unbedingt sparen, dennoch, ich bin nicht auf andere angewiesen.
„Bin ich ein Glückskind?“
Ja, ich kann auf die Wiese laufen, Gänseblümchen pflücken, Sonnenblumen bewundern, Tiere in der Natur beobachten und mich an einem ganz banalem Sonnenschein erfreuen. Ich bin frei.
„Bin ich ein Glückskind?“
Ja, ich bin zwar Singel, schon länger. Hätte ich ein Kind und wäre ich verheiratet oder in einer Partnerschaft gewesen, hätte ich keine 180 Tage wandern können. Außerdem, das Glück findet man in sich. Irgendwann. Der Partner kann noch kommen, Kinder nicht mehr. Ich habe gelernt das anzunehmen und dafür meine Auszeiten als Ersatz für eine Karenz an zu sehen. Außerdem, ich bin glücklich in meiner Herkunftsfamilie integriert und liebe es, meine Nichten bei ihrer Entwicklung zuzusehen.
„Bin ich ein Glückskind?“
Ja, denn ich brauche nicht viel. Weder lasse ich mich von der Mode hetzen noch vorgeben wie ich leben möchte. Ich erfülle mir nach und nach meine Träume und lebe auf meine ruhige Weise.
„Bin ich ein Glückskind?“
Ja, auch wenn wieder schlechtere Tage kommen werden, ich weiß an wen ich mich wenden kann und das ich selbst aus jedem Labyrinth wieder raus finde.
„Bin ich ein Glückskind?“
Ja, denn ich fühle mich nicht wirklich betroffen von Corona, es streift mich bis jetzt nur am Rande. Beruflich vielleicht. Ist es schlimm sich nicht wirklich mit all den Veränderungen auseinandersetzen zu wollen? Ja, es wird über Corona gesprochen, Regeln einhalten, Maske aufsetzen… Na und, ich tue es und damit hat es sich.
„Bin ich ein Glückskind?“
Ja, denn ich kann einfach meinen Rucksack schnappen, in meine Wanderschuhe springen und losmarschieren. Jeden Tag eine andere Strecke, einen anderen Berg, an einen anderen See. Ich habe die Möglichkeit mir jene Gebiete heraus zu suchen wo ich weiß da gibt es keinen Massentourismus.
„Bin ich ein Glückskind?“
Ja, ich habe gelernt, Entwicklung braucht Geduld und Zeit. Vor zwei Jahren war es anders. Da wollte ich schnell etwas und erreichte es nicht. Heute nehme ich mir die Zeit um zu schreiben, zu lesen, zu entspannen, die Freude auf kleine Weise zu genießen und Schritt für Schritt meinen neuen kleinen und großen Zielen entgegen zu gehen.
© Silke Wrbouschek 2020-10-12