In den letzten Wochen bin ich mit dem Leben stehengeblieben – gezwungenermaßen. Der Alltag liegt auf einmal still für so viele von uns. Doch wenn ich ganz ehrlich bin, weiß ich, dass dieses Stehenblieben eigentlich das ist, was ich dringend gebraucht habe. Natürlich hätte ich es mir auf eine andere Weise gewünscht, die nicht verbunden ist mit all den Sorgen und Risiken. Nur hatte ich in dieser Zeit so oft das Gefühl, auf Auto-Pilot zu laufen und nur noch zu funktionieren. Das was ich wirklich gebraucht hätte, wäre Präsenz gewesen, wirklich da zu sein und mich voll auf das was ist einzulassen. Aber ich dachte, jetzt geht es noch nicht und ich muss einfach weitermachen – wie das immer ist, wenn man in diesem Sog gefangen ist.
Doch vor ein paar Tagen, da war es auf einmal wieder da. Als ich morgens aufgewacht bin, habe ich den Rollladen hoch gemacht und die Sonne hat mir entgegen geschienen. Dann habe ich wie immer das Fenster zum Lüften aufgemacht und es hat so toll nach Frühling gerochen – frisch und nach Neuanfang. Aber an diesem Morgen habe ich etwas anders gemacht, ich habe mich ans Fenster gesetzt, einfach nur rausgeschaut und so tief es geht die Frühlingsluft eingeatmet. Und war dabei einfach glücklich: Über die Ruhe, weil ich jetzt einfach mal gar nichts muss, außer da zu sein und zu atmen. Egal wie turbulent die Situation gerade eigentlich ist. Es hat sich wieder so angefühlt wie früher als Kind, wenn ich mit den anderen Kindern aus meiner Straße draußen gespielt habe. Wir hatten kein Zeitgefühl und haben einfach das gemacht, wonach uns gerade war. Wenn wir dann abends die Kirchenglocken gehört haben, wussten wir: Jetzt ist es Zeit reinzugehen. Das war der einzige Anhaltspunkt den wir hatten, denn für uns war nichts so wichtig, wie das, was wir gerade gemacht haben. Und ich glaube, genau das ist es auch, was so viele von uns mit der Zeit immer mehr verlernt haben: Sich komplett auf das einlassen, was man gerade tut und dabei nirgendwo anders sein zu wollen, als in diesem Moment.
Vor einer Weile habe ich angefangen, mir eine Liste zu machen, auf der ich alle Tage aufschreibe, an denen ich mich so gefühlt habe. Das sind meine „hellen Tage“, die, an denen ich quasi von innen geleuchtet habe vor Glück. Biolumineszenz heißt das bei Glühwürmchen, wenn sie im Dunkeln leuchten können – und in solchen Momenten fühle ich mich, als könnte ich das auch. Dann bekomme ich ein wohliges Gefühl, das mich beruhigt. Und nicht nur ich spüre das, sondern die Menschen in meinem Umfeld gleich mit. Also ist das nicht etwas, das wir mitnehmen können aus dieser Zeit? Wenn wir alle immer wieder bewusst darauf achten, präsent zu sein und auf den verschiedensten Wegen, aus einem normalen, einen hellen Tag machen. Wenn wir alle für uns daran arbeiten, dann können wir nicht nur für uns, sondern für alle zusammen leuchten. Und gerade, wenn es draußen dunkel ist und viele von uns Angst und Sorgen haben: Können wir dann nicht sogar füreinander leuchten, damit keiner im Dunkeln sein muss?
© thegardenofmysoul 2020-03-29