Ja, bereits bevor sich Hape Kerkeling auf den Camino, der Jakobsweg in Nordspanien auf dem Weg gemacht hat, hat mich âdas Pilgerfieberâ gepackt. Mein Ziel: zum fĂŒnfzigsten Geburtstag in Santiago de Compostella einzutreffen. Wie das im Leben oft mal ist, geplante Vorhaben scheitern aus mehreren GrĂŒnden. Die Archillessehne machte nach wenigen Tagen nicht mehr mit, das Gehen wurde immer beschwerlicher und erst recht die notwendige Ăberlegung die Pilgerwanderung abzubrechen. Meine drei Pilgerfreunde gingen ihren Weg weiter und kamen genau zu meinem fĂŒnfzigsten Geburtstag in Santiago an. Inzwischen war ich lĂ€ngst zu Hause, auch vom Krankenhaus, wo ich einen Gips bekommen habe. TĂ€glich war ich in telefonischer Verbindung. Es sollte zu diesem Zeitpunkt nicht sein. Erst fĂŒnf Jahre spĂ€ter nahm ich die Reise wieder auf und habe das Ziel erreicht.
Die Pilgererfahrung blieb nicht ohne Nachwirkung fĂŒr meinen beruflichen Umstieg in der Erzdiözese Salzburg. Bis zu meiner Pensionierung gab es nochmals ein breites BetĂ€tigungsfeld in der Tourismus-/ und Pilgerpastoral. das nochmals meinen vollen Einsatz forderte. Auch hier war mein Pioniergeist gefragt. So konnte ich ebenso erkennbare Spuren im pastoralen Bereich als auch in der Umsetzung diözesaner und nationaler Pilgerprojekte hinterlassen. Es tut gut zu sehen, was sich in diesem Bereich weiter entwickelt hat. Nachdem die Pilgerbewegung doch auch etwas trendig war, haben sich manche Menschen gedacht, ist das jetzt ein UmschwĂ€nken von der Linie, die mir bisher zugeschrieben wurde? Soziales Engagement, Entwicklungspolitik und Zusammenarbeit? Im Hintergrund war ich weiter mit dem Thema âEntwicklungshilfe & -zusammenarbeitâ verbunden, sei es in Selbstbesteuerungsgruppen, bei VortrĂ€gen die ich weiter machte.
Worauf ich bei der Pilgerpastoral achtete war, dass unser ganzer Lebensweg ein Pilgerweg ist, dass der schonende Umgang mit der Schöpfung ganz wichtig und die VerĂ€nderung unserer Lebensweise ganz dringlich ist. Beim Pilgern lernen wir uns zu reduzieren, mit wenig auszukommen und achtsam mit Menschen und Natur umzugehen. Das ist ein sozialpolitisches Programm in Fortsetzung meines bisherigen Engagements. Wenn wir statt Gier unsere Ressourcen teilen, das der Natur entnehmen, was wir zum Leben wirklich brauchen, dann ist genug fĂŒr alle da.
Eine wunderbare Option, die mich an die Brotvermehrung erinnert, ebenso an gemeinsame Jausen mit der Pilgergruppe. Jeder packte seine Jause aus, wir legten alles auf ein Tuch und alle wurden satt. Es war dann noch genug ĂŒbrig, was wir wieder sorgfĂ€ltig einpackten. Auf Afrika bezogen wĂŒrde das heiĂen, dass wir nicht ihren Boden fĂŒr den Export von Lebensmittel ausnĂŒtzen, ihren Markt nicht mit billigen Ăberschussprodukten wie HĂŒhnerfleisch ĂŒberhĂ€ufen und damit ihren lokalen Markt kaputt machen. Das Fehlen sozialer, wirtschaftlicher und politischer Perspektiven, ist die Hauptursache fĂŒr die Flucht nach Europa.
© Anton Wintersteller 2022-07-26