Reinhard Mey, der große deutsche Liedermacher, feiert heute, am 21. Dezember, seinen 80. Geburtstag – ohne Getöse, Fernseh-Shows und Interviews. So hielt er es auch bei seinem 70er. „Ich habe Grund zur Dankbarkeit, dass ich mit heilen Knochen und ohne straffällig zu werden so alt geworden bin. Dankbarkeit ist leise“, schrieb er damals. „Ich habe Euch mein Leben in Liedern erzählt. Ihr wisst alles von mir. Ich will unsere kostbare Zeit nicht mit Wiederholungen vergeuden.“
Eine Gitarre, 60 Alben, über 500 Lieder, ungezählte Konzerte – wie kein anderer prägte Reinhard Mey die deutsche Liedermacherszene. 1942 in Berlin geboren, startete der frankophile Musiker, der in Frankreich als Frédérik Mey bekannt wurde, Mitte der 1960er Jahre mit “Ich wollte wie Orpheus singen“ und „Ankomme Freitag, den 13.“ (Tja, damals gab es tatsächlich noch Telegramme!) seine unvergleichliche Karriere. Ein Querdenker, der immer das Gute will und sich auf alles einen Reim macht. Unverblümt, treffsicher, von ungeheurem Wortwitz- so sind seine Texte. Viele Zitate aus seinen Liedern sind zu geflügelten Worten geworden. „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“ zum Beispiel oder „Der Mörder ist immer der Gärtner“ oder „Gute Nacht, Freunde. Es ist Zeit für mich zu geh‘n“.
Maikäfer gibt’s zwar keine mehr, aber dafür Legionen von Fans, die ihm seit Jahren die Treue halten. Seine Konzerte sind auch ohne große Werbung nach wie vor ausverkauft. So auch seine letzte Tournee, die ihn in 14 Städte führte. 84.000 Fans jubelten ihm auf der „Tournee seines Lebens“ zu. Ich habe das Wien-Konzert leider verpasst! Dabei könnte er sich längst nicht nur auf einem Achtel Lorbeerblatt, sondern auf einem ganzen Haufen Lorbeeren ausruhen.
“Ich bin mir in all den Jahren selbst treu geblieben und mache Lieder, so ehrlich wie möglich. Das wird eben vom Publikum honoriert“, begründete er seinen Erfolg in einem Interview, das ich 1979 vor einem Konzert im Salzburger Kongresshaus mit ihm machte. Das ist wohl bis heute sein Erfolgsrezept geblieben.
Als ich ihn zum ersten Mal im Mozarteum sah und hörte, war ich 16 Jahre alt und ließ mir in meiner Begeisterung von ihm ein Autogramm auf den linken Unterarm geben. „Und jetzt bis Weihnachten nicht mehr waschen!“, trug er mir schmunzelnd auf. Ich konnte das Versprechen nicht einhalten. Der Grund war allerdings entschuldbar. Das Konzert fand im Jänner statt.
Eines meiner Lieblingslieder, „Du bist ein Riese, Max“, schrieb Mey Mitte der Achtziger Jahre. Es ist eine Liebeserklärung an seinen zweitgeborenen Sohn, der 2004 ins Wachkoma fiel und fünf Jahre später starb. Dieser Schicksalsschlag macht auch den privaten Rückzug verständlich.
“Komm, gieß‘ mein Glas noch einmal ein mit jenem bill‘gen roten Wein…“ Nein, heute muss es dem Anlass entsprechend schon ein ganz besonderer sein! Auf dein Wohl, Reinhard!
© 2022-12-21