von Ursula Daum
Die Winterschuhe stehen in Reih und Glied auf der Terrasse, bereit zum Lüften, Putzen und dann zur Aufbewahrung bis zum nächsten Winter. Und da ist es wieder, das Gefühl des dich vermissens.
Es ist an der Zeit die überwinterten Balkonblumen zurechtzustutzen und dann umzutopfen. Und da ist es wieder, das Gefühl des dich vermissens.
Meinen gut durch strukturierten Tagesablauf, den gibt es nicht mehr. Du taktest ihn nicht mehr, du taktest mich nicht mehr. Da ist Leere und Traurigkeit. Überall im Haus deine Spuren. Deine persönlichen Sachen des täglichen Gebrauchs, manche verräumt, manche liegen noch an ihrem deinen Platz. Dein kleiner Polster, den du beim Schlafen zur Unterlage für deinen Arm verwendest hast, riecht noch nach dir. Ich habe ihn heute mit zu mir genommen und dabei ein paar Tränen geweint, so wie jetzt gerade auch.
Du hattest immer ein gutes Wort für mich, für jeden. Warst eine wunderbare Zuhörerin und du hast keine Ratschläge erteilt. Du strahltest so viel Liebe aus, Geduld war dir schon lange eine gute Begleiterin. Unser Dankbarkeitsbüchlein, das ich im letzten Jahr täglich für dich füllen durfte, liegt noch immer auf seinem Platz. Das neue Heft, das für 2022 vorgesehen war, haben wir leider nicht mehr weit in dieses Jahr hinein beschrieben. Ich streife sanft über diese Hefte. Sie sind mir so kostbar. Das Fotoalbum, von deinem Ausflug nach Hallstatt und zum Wolfgangsee mit deinen Lieben, hat dein Mann heute Vormittag am Küchentisch studiert. Er sagte, ja gereist bist du gern und ausgekannt hast du dich und interessiert warst du. Er hat gestaunt über dich. Und ich, ich habe dich dann wieder so sehr vermisst. Er vermisst dich auch.
Ich frag mich, wie lange darf es dauern? Und ich hör dich sagen: Es dauert, solange wie es dauert. Hab Geduld mit dir.
Deine Orchideen blühen für dich. Ich gieße sie, so wie du es mir gelernt hast. Du weißt ja, grünen Daumen habe ich keinen, aber für dich gebe mein Bestes. Sie fangen alle, ja alle an zu blühen. Auch die, die so lange keine Blüten trug, sie treibt jetzt wunderbare Knospen aus. Ich bin gespannt, welche Farbe sie hat. Ich kann mich nicht mehr erinnern.
Leise kullern Tränen über meine Wangen. Mein Herz weint mit. Ich schließe meine Augen, du steht vor mir und lächelst mich an. Und ich hör dich sagen: Ich bin bei dir mein Liebes. Alles ist gut.
© Ursula Daum 2022-04-21