Bist du stolz, Taxilenkerin zu sein?

Gudrun Winklhofer

von Gudrun Winklhofer

Story

Das fragte mich ein Kollege mit ungläubigem Blick, nachdem vor einigen Jahren in einer Salzburger Zeitung ein Porträt ĂĽber mich und mein Unternehmen erschienen war. Er wedelte mit dem Blatt zwischen meiner Kaffeetasse und meinem Gesicht herum und sah mich mit groĂźen Augen zweifelnd an. Mein eindeutiges Ja als Antwort verstand er nicht, denn: „… was sind schon Taxifahrer? Wir sind doch das Letzte!“

Nein! Das sind wir nicht! Denn was wäre, gäbe es keine Taxis? Wir sind da – für alle, die schnell von einem Ort zum anderen gebracht werden wollen, für die, die zu kulturellen Veranstaltungen, zum Bahnhof, zum Flughafen, zum Arzt oder ins Krankenhaus oder auch bis ans Ende der Welt fahren müssen. Wir sorgen dafür, dass Nachtschwärmer nach ihren Lokalbesuchen sicher nach Hause kommen. Wir sind für Reisende oft die ersten oder letzten Ansprechpartner*innen in einer Stadt, quasi die Visitenkarten, und die meisten von uns schenken den Fahrgästen ein Lächeln zum Abschied.

Wer Taxi fährt, kann einiges erzählen. Kurioses. Berührendes. Lustiges. Unglaubliches. Ich fahre schon ziemlich lange Taxi, seit 1994, und ich habe einiges erlebt. Der Beruf ist nicht langweilig, sondern sehr abwechslungsreich! Ich bringe nicht nur Fahrgäste an ihre Ziele – je nach Situation bin ich auch Seelentrösterin, Paartherapeutin, Tour-Guide, Fotografin, Event-Finder, Restaurantkritikerin, Style-Coach, Detektivin, Seniorenbetreuerin, Postillon d’amour, Navi-Ersatz, Lebensberaterin, Privatchauffeurin, Geldwechslerin, Hundesitterin, Begleiterin zum Arzt, Psychotherapeutin, Klagemauer etc. Ich komme viel herum – in der ganzen Stadt und auch darüber hinaus. Ich lerne nette Menschen kennen und habe viele herzliche Begegnungen. Ich erlebe morgens, wie die Sonne auf- und abends, wie sie untergeht und stelle immer wieder fest, dass in der Nacht doch nicht alle Katzen grau sind. Meine Kunden schätzen mich; meine langjährigsten Stammkunden habe ich von Anfang an. Viele von ihnen sind zu lieben Bekannten und Freunden geworden, ebenso wie viele Kollegen und Kolleginnen.

Fahrgäste mit all ihren guten und weniger guten Eigenheiten, auch solche, die sich womöglich gerade in persönlichen Ausnahmesituationen befinden, steigen in mein Taxi und vertrauen mir oft ihre Lebensgeschichten an. Meistens Menschen wie du und ich, aber auch Prominente. Feingefühl und Diskretion sind unumgänglich. Unaufgeregte Gelassenheit hilft, sich weder von schwierigen Fahrgästen noch vom täglichen Wahnsinn auf den Straßen nerven zu lassen. Mit Charme und Schmäh lassen sich manche Situationen entschärfen, und nicht nur einmal hat sich ein anfangs eher unbequemer Kunde nach einer lockeren Unterhaltung als freundlicher Zeitgenosse erwiesen und sich am Ende für die angenehme Fahrt und das gute Gespräch bedankt.

Auch nach so vielen Jahren – mehr als drei Jahrzehnten – liebe ich meinen Beruf noch immer und sage: Ja, ich bin stolz darauf, Taxilenkerin zu sein!

© Gudrun Winklhofer 2021-08-17

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