Bitte mich nicht blöd sterben lassen

Klaus Schedler

von Klaus Schedler

Story

„Warst du schon mal in Schirnes?“ fragte mich Horst lachend, als er mich zuletzt besuchte. „Doch, das kenn ich. Das ist in der Nähe von Waidhofen, richtig?“ „Stimmt und da geht jetzt die neue Umleitung vorbei, weil die B5 zwischen Pfaffenschlag und Dimling endlich entschärft wird“ so mein evangelischer Pastor, der nach seiner Pensionierung nun eigentlich wieder in Deutschland wohnte. Natürlich kannte er in seinem ehemaligen Pfarrgebiet, dem Oberen Waldviertel jeden Flecken. Horst hatte mich nach längerer Zeit gleich nach dem Wegfall der Corona-Reisebeschränkungen wieder besucht, denn wir waren befreundet.

Natürlich wusste ich um diese Verkehrsbeschränkung und man brauchte ja auch kein Geheimnis daraus zu machen. Warum auch, ging es doch darum, alle Verkehrsteilnehmer eigenverantwortlich entscheiden zu lassen, ob man die Umleitung wählt, oder ob man nach freier Willensentscheidung eine besser geeignete Ausweichroute bevorzugt.

Nicht viel anders ist es mit den Hygienevorschriften zur Vermeidung einer Corona Pandemie: Natürlich bedarf es der Festlegung von Mindestvorschriften, auch deshalb um jeder und jedem den Ernst der Lage klar zu machen. Wer hier jedoch übereifrig über das Ziel hinausschießt und den Bogen überspannt, verliert an Glaubwürdigkeit. Wichtiger als Verhaltensvorschriften sind Sachinformationen, die dazu befähigen, eigenverantwortlich die für sich und die Gesellschaft richtigen Entscheidungen zu treffen.

Vor allem will ich mein persönliches Ansteckungsrisiko abschätzen können und natürlich erwarte ich mir eine vollständige Information, darüber, was in meinem Umfeld vorgeht. Im Klartext möchte ich tagesaktuelle Angaben über zumindest die Anzahl der bestätigten Infektionen und der durchgeführten Tests in meinem Bezirk.

Demgegenüber brauche ich keinerlei Bevormundung oder gar Belehrungen darüber, dass der Arbeitsbezirk nicht zwingend der Ansteckungsbezirk sein muss und man sich neben dem Wohnbezirk auch in jenem Bezirk infiziert haben kann, in dem sich mein Wirtshaus befindet oder ich die Resi-Tant‘ bzw. den Schwager besucht habe. Je nach Lebensumfeld will und kann ich eigenverantwortlich aufgrund der zur Verfügung stehenden Informationen entscheiden, ob ich selbst in den Supermarkt einkaufen gehe oder meine weniger ansteckungsgefährdete Nichte darum bitte. Dazu aber muss ich wissen, was Sache ist. Wer mir diese Informationen vorenthält, will mich anscheinend „blöd sterben lassen“.

Im Übrigen verweise ich darauf, dass auf der Internet Site „Addendum“ genau solche Informationen bezirksweise für Österreich trotz aller Dünkel und Probleme durch die zuständigen Stellen bereits seit Monaten angeboten werden. Sogar in Form einer Ampel-Visualisierung.

Schätzen wir uns glücklich, dass zumindest bislang nicht auch die Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsdurchsagen im Radio von der Bundesregierung oder den Landeshauptleuten redigiert werden.

© Klaus Schedler 2020-07-12

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