Bitzel, bitzel, tralala

Dr. Christina Grabner

von Dr. Christina Grabner

Story

Mein Enkelchen, kann ich euch sagen, das ist vielleicht ein Persönchen! So etwas habt ihr noch nie erlebt. Meine Tochter meint, wenn die jemand entführen würde, würde er / sie sie gleich wieder zurückschicken, so anstrengend sei sie. Spaß / Horrorszenario bei Seite. Wir alle lieben dieses wuselige, neugierige, hübsche Mädchen bis zur Besinnungslosigkeit. Speziell ich, ihre Oma, erlaubt ihr viel zu viel. Diejenigen unter euch, die auch schon gesegnete Großeltern sind, können das vielleicht verstehen.

Unser Engelchen hat ein großes B vorne dran und liebt es, Dinge auseinanderzunehmen, hineinzubeißen und kaputt zu treten. Einfach so. Weil es Spaß macht. Und das mit dreieinhalb. Sie will ständig beschäftigt sein, denn schnell wird ihr langweilig, und alles gleich selbst ausprobieren wie die Großen. Wehe, sie bekommt einen kleinen Löffel oder einen Kinderteller! Sie will schleppen und arbeiten wie die Erwachsenen, kommandiert uns herum wie ein sechzigjähriger Patriarch und kehrt natürlich mit dem Riesenbesen.

Wenn sie mal schlechte Laune hat oder müde ist, kann das ein richtiges Kasperltheater werden. Dann schreit sie, als ob sie gebraten würde – aber vor Zorn – beißt, zwickt, kratzt, haut und reißt – selbst ihre Mama und ich zusammen können sie dann kaum bändigen. Bäche von bitteren Tränen fließen, das Gesichtchen ist puterrot und verzerrt. Bitzlig das ganze Persönchen von Kopf bis Fuß.

Da hilft manchmal nur ein Babyfläschchen mit ihrem Lieblingskakao oder ein, am besten zwei, drei Schnuller. Oder Oma lässt sich etwas einfallen und es gelingt ihr, den zornigen Winzling abzulenken. Ein Geheimnis ist immer gut: Ich flüstere ihr etwas ins Ohr und vor lauter Überraschung vergisst das Mädchen zu schreien, macht große Augen und lauscht. Schnell geht die Sonne wieder in dem wunderschönen Gesichtchen auf und sie strahlt bis über beide Ohren, springt sofort auf und wird aktiv, so als ob sie noch nie in ihrem Leben launisch gewesen wäre.

Ein neues Spiel, ein spannendes Buch, etwas zum Basteln oder ein lustiges Lied – einfach Blödeln – kann da oft Berge versetzen. Nicht immer, aber immer öfter. Unglaublich, aber sie kann ab und an sehr vernünftig sein. Wie eine weise Alte nickt sie dann und spricht altklug nach, so als ob sie schon tausend Jahre gelebt hätte und eh nur zufällig in einem zarten Kleinkindkörper stecken würde.

Kinder – Kinder! Für mich gibt es nichts Schöneres, als wenn ihre Tränen trocknen, das Gesichtchen leuchtet, ihre wundervollen braunen Augen mich spitzbübisch anschauen, sie ihr kleines Händchen in meine Hand legt und sagt: „Komm, Omi, gehen wir spielen.“ Paradiesisch. In meinen jungen Jahren hätte ich mir nie denken können, dass ein Kind so sinngebend, so lebensfüllend sein kann.

Meine Enkelin spiegelt mich. Sie sieht mir nicht nur total ähnlich, auch ihre Art – nicht das Bitzeln, waren wir doch viel strenger erzogen – sondern die Altklugheit und Begeisterung am Lernen – entspricht der meinigen ganz und gar.

© Dr. Christina Grabner 2020-07-28

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