Bleibende Erinnerung

Thomas Schützenhöfer

von Thomas Schützenhöfer

Story

Der Fußball ist seit jeher ein steter Begleiter meines Lebens. Wie das begonnen hat, das weiß ich nicht mehr so genau. Auf jeden Fall bin ich seit meinen frühesten Erinnerungen Sturm- und Bayern-Fan. Die Trikots mit Elber und Vastic vom Kirtag sind bis heute in einer Schublade verstaut. Aber mein Enthusiasmus hat vielerlei Gründe, auch den, dass ich durch die unzähligen Kicker meine geographischen Kenntnisse schulen konnte.

In der alten Wohnung, wir standen kurz vor dem Umzug, saß ich mit meinem Vater in der ersten Reihe fußfrei. Wie immer samstags lief ran, das durfte nicht versäumt werden. Das wuchtige Interieur der frühen Wohnsituation ist nur noch sporadisch in meinem Gedächtnis verwurzelt. Aber der Fußball, der ist gekommen, um zu bleiben. Insbesondere der SC Freiburg, der im Spätsommer 1998 mit einer beinahe exotischen Mannschaft auflief.

Im Sturm gaben sich die Tunesier Selimi und Ben Slimane die Klinke in die Hand. Ich wusste schon etwas über das Land, verbrachten wir dort doch kurz zuvor unseren ersten Urlaub mit Flugreise. Auch zwei weitere Nordafrikaner standen im Kader des Sportclubs, deren Namen aber in meinem Kopf keine Halterung fanden. Schön und gut, auch ein Senegalese und viele Deutsche waren Bestandteil des Teams.

„Das gibt es ja nicht, in Freiburg sind die Willis los!“, dröhnte es aus dem Fernsehgerät. Ich musste lauthals lachen über den Spruch, welcher vom Kommentator spezifiziert wurde. „Kobiashvili treibt den Ball und überspielt das Mittelfeld mit seinem Partner Tskitishvili. Dann hinüber zu Tobias Willi, der das Spielgerät in die Mitte bugsiert, wo der junge Iashvili nur noch einschieben muss.“ So viele lustige Namen und ich fragte meinen Papa, woher die Leute kommen. Bevor er antworten konnte, übertönte uns das fette Röhrengerät: „Die Georgier mit deutschem Einschlag, sie sind endgültig in der Bundesliga angekommen.“ Mein Vater erklärte mir noch, dass der Tobias Willi ein Deutscher ist und nur sein Name in dem Zusammenhang witzig klingt. Ich fand das alles einfach grandios. Nach den Zusammenfassungen suchte ich auf meiner Weltkarte das Land und fand es ganz versteckt zwischen Europa und Asien.

Die Willis, wie sie im deutschen Sportfernsehen nicht enden wollend genannt wurden, begleiten mich nun seit über 20 Jahren. In dieser Zeit wurde ich nie müde, mir Fußball im Fernsehen anzusehen. Zwischenzeitlich kannte ich sogar die meisten Spieler der großen europäischen Ligen auswendig. Eine Obsession entbrannte, welche im stundenlangen Spielen des Fußball Managers am PC gipfelte.

Während des Studiums hatte ich zwei Semester, in denen ich wegen negativer Prüfungsbescheide einer Art Leerlauf unterworfen war. Ich verfasste dann Fußballberichte, mit denen ich mein Konto aufbesserte. Im Nachhinein betrachtet waren es im weitesten Sinne die Willis und Georgien, die mich zu dieser Nebeneinkunft brachten, denn sie weckten einst das Begehren in mir, alles über den Fußball wissen zu wollen.

© Thomas Schützenhöfer 2020-03-28

Hashtags