von Beederl
Heute sitze ich zeitig auf meinem Thron, so nenne ich meinen Lieblingsplatz, ein teurer roter Lederdrehsessel, wo ich alles tue, essen, PC, schreiben, Kaffee trinken. Ich bin ausnahmsweise gut ausgeschlafen und muss hier den Sonnenaufgang erleben. Sonne mag ich ja nicht. Und so scheint mir von links die Sonne tatsächlich in den Raum, ins Gesicht und von rechts die Spiegelung, die noch stärker ist, weil sie sich in Nachbars Fenster frontal spiegelt. Doch jetzt – ist der Moment vorbei und im Fenster spiegeln sich schon Wolken – ja, die mag ich. Die Prognose ist gut, dass es heute noch regnen könnte – das mag ich noch mehr.
Eine große Tasse starker Schwarztee ohne allem ist bereits getrunken, ein paar Bissen sind gegessen und ich bin bei einem Film gelandet. Oh, diese typischen Filme, die in typischen Ländern gedreht wurden, sind sowas von weit weg von unserer österreichischen Mentalität, dass es oft weh tut. Also gelandet bin ich zufällig bei einem französischen Film, so wie es aussieht, wird der nicht alt bei mir. Die Franzosen haben eine eigene Mentalität und bei ihrem Gerede bzw. der Synchronisation schlafe ich leicht ein, oder sie sind so hektisch gesprochen und gestikuliert, dass ich gleich abschalte. Dann kommt dann und wann ein amerikanischer Film. Vielleicht waren sie früher gut, was großteils den Schauspielern geschuldet war, aber heute empfinde ich es nur mehr als oberflächliches, brabbelndes Gelaber, was sie so von sich geben. Selbst wenn der Film Preise gewonnen hat – mich überzeugt er nicht. Und oftmals ist die Sprache derb und die Handlung zu brutal, das geht bei mir auch gar nicht. Das Leben ist aufregend genug, daher brauche ich selten im TV etwas Aufregendes. Die tausendfach angebotenen Krimis sind oft so abartig, blutrünstig und unmenschlich, dass mich der Rest der Handlung schon wirklich faszinieren muss, um das zu überstehen. Bei brutalen Szenen schalte ich den Ton weg und halte mir die Augen zu – das mute ich meinem Unterbewusstsein nicht zu, damit verseuche ich nicht meinen Geist. Dann sind die Handlungen oft so verwirrend, dass man ihn sich zweimal anschauen müsste, um alles zu verstehen. Also bin ich kein klassischer Krimi-Junkie.
Ich mag psychologisch angehauchte Themen, mit ein wenig Humor gewürzt, eine Prise Leichtigkeit und etwas Sinn. Diesen Geschmack zu treffen, ist nicht leicht. Und oft gleite ich deshalb in die seichte Muse ab – das regt mich am wenigsten auf. Leider aber gibt es davon viele 20jährigen Filme, die ich großteils schon gesehen habe. Wenn er gut ist, schaue ich ihn blöderweise ein zweites Mal. Aber dann reicht es auch. Dieses von mir präferierte Genre ist nicht mit Qualität übersät. Gestern ließ ich mich zu einem historischen Monsterschinken, eher neueren Datums, hinreißen, zumal ich einige Schauspieler davon schätze, einige Komparsenkollegen davon kenne (da muss man am Hauptdarsteller vorbei in die Nebenschauplätze schauen) und der Film in Teilen Niederösterreichs gedreht wurde, der geschichtliche Hintergrund nicht uninteressant ist. Doch es war wieder einmal brutal (diese Szenen geschehen heute ja real gar nicht so weit von uns weg, da lehne ich die Begeilung an diesem Thema völlig ab), langatmig und ohne eindeutiger Bettszene kamen sie auch nicht aus, obwohl das da niemanden weiterbrachte. Mich da zufrieden zu stellen, ist schwer. Das Buch von vorhin wieder in die Hand zu nehmen, strengt aber auch (die Augen) an…
© Beederl 2024-01-04