von Latif HĂĄvrest
Ein tiefer Schlaf umhĂŒllte mich. Mein Bewusstsein war ausgeschaltet und nahm die Welt auĂerhalb mir nicht wahr. Nur ich und meine Gehirnwellen, die als Unbewusstes die scheinbar parallel laufende Welt antasteten und BruchstĂŒcke daraus an das Gehirn zurĂŒckmeldeten. Plötzlich durchbrach ein schrilles Klingeln den Stream des Traumes, dessen Ende ich gerne sehen mochte. Es war mein Handy. Zuerst dachte ich, dieses LĂ€uten sei Teil meines Traumes. Aber die Tatsache, dass ich wach wurde, zeugte vom Gegenteil. Widerwillig und verĂ€rgert tastete ich nach meinem Handy, das auf dem Nachttisch neben meinem Bett lag. Auf dem Display des Handys zeigte die digitale Zeitangabe 02:44 nach Mitternacht. âHallo!â, sprach Ich mit schlĂ€friger Stimme, in der mein Missmut eindeutig eingebettet war, in das Handy. âIst die Helga da?â, hallte eine weibliche Stimme von der anderen Seite in mein Ohr so eindringlich, dass es weh tat. âHier gibt es keine Helga; wer spricht da?â, antwortete ich. Daraufhin legte die unbekannte Person sofort auf, ohne sich fĂŒr diese Störung zu entschuldigen. Ich legte mich wieder ins Bett und wollte wieder schlafen, aber diese Szene wiederholte sich weitere vier Male. Zuletzt bestand die weibliche Stimme darauf, dass dies die Nummer von Helga, ihrer Freundin wĂ€re; âsie sei sicherâ.
Das Gleiche geschah in den nĂ€chsten Tagen wieder, diesmal aber tagsĂŒber; und die weibliche Stimme entschuldigte sich fĂŒr die Störung. Plötzlich fand ich mich in einem GesprĂ€ch mit der Anruferin verwickelt. âEine sympathische Stimme haben Sieâ, sprach die Unbekannte leise und ruhiger als sonst in mein Ohr. Das war die Einleitung zu einem lĂ€ngeren GesprĂ€ch, dessen Detail dazu fĂŒhrte, dass wir uns zu einem Date bei Kaffee und Kuchen verabredeten. So was war mir nie passiert. Eine Frau, die ich nicht kenne, weiĂ nicht, wie sie aussieht, wie alt, wie groĂ und wie schlank oder wie dick sie ist, bindet mich in ein Blind Date ein. Ich habe mich einfach in diese Rendezvous hineinziehen lassen, ohne groĂen Enthusiasmus dafĂŒr aber auch ohne Widerwillen.
Gegenseitige Erkennungsmerkmale und Zeit und Ort wurden vereinbart. Am besagten Tag, zur besagten Zeit und im besagten Ort und mit gemischten GefĂŒhlen meinerseits erfolgte das Treffen. Meine Aufregung legte sich als ich die Frau sah. Eine angenehme sympathische Erscheinung strahlte mir in die Augen und in den Sinn. Sie war die Helga! Ja, genau die Helga, nach der sie bei ihren Anrufen fragte. Sie habe aus Langerweile einfach Zahlenkombinationen in ihr Handy eingetippt und angerufen und war neugierig, wer antwortet, erzĂ€hlte sie. Kaffee samt Kuchen wurden getrunken und gegessen, und weil es gegenseitige Sympathie im Raum stand, wurden weitere Treffen vereinbart.
© Latif Håvrest 2021-03-30