Boys and Sex

Marcela

von Marcela

Story

“Was für ein plakativer Titel”, denke ich beim Thalia skeptisch, als ich ein Buch mit dem Titel “Boys and Sex” in den Händen hielt, “Vielleicht ein Erotik-Roman? Was aber machte es dann bei den Sachbüchern im Bereich Psychologie?” Neugierig drehte ich das Buch um und sobald ich die Rückseite gelesen hatte, musste ich es spontan kaufen. Seitdem habe ich das Buch praktisch verschlungen. Guten Gewissens kann ich sagen, dass dieses Buch meine Weltsicht in einigen Bereichen total auf den Kopf gestellt hat.

Als Frau und stolze Feministin ist mir bewusst, wie schwer es für junge Frauen noch immer ist, sich in einer männerdominierten Welt zu behaupten. Immer wieder lese ich, wie viele Frauen von Männern ausgenutzt oder gar misshandelt werden und dass es viel mehr Aufklärungsarbeit brauche. Ich selbst kann glücklicherweise sagen, dass mir außer zahlreichen Grabschern auf den Po bei Disco-Besuchen noch nichts Schlimmes passiert ist.

Nun also “Boys and Sex”, das ganze sozusagen aus der Sicht der Männer im Jugendalter und deren Schwierigkeiten, sich in einer hypermaskulinen Welt zurechtzufinden. Von erzwungener Männlichkeit über exzessiven Porno-Konsum bis zu One-Night Stands, aber auch ernsten Themen wie was für Männer oft bereits als Einwilligung zum Sex gilt (z.B. ein Lächeln, langer Augenkontakt; obwohl von Frauen meist anders gemeint) oder dass auch Männer Opfer sexueller Gewalt sein können.

Dieses Buch hat mir eine ganz neue Sichtweise, sozusagen die andere Seite, gezeigt: Denn auch die Männer in diesem Buch leiden darunter, sich oft verstellen zu müssen, um als “echter Mann” angesehen zu werden. Sie wissen nicht, wie sie heutzutage mit Frauen umgehen dürfen, ohne in Schwierigkeiten zu geraten. Seitdem habe ich auch mit einigen Männern in meinem Leben geredet und war wirklich schockiert, dass diese dem Buch teilweise sehr stark Recht gaben.

Ein Freund erzählte mir, er müsse in seiner Freundesgruppe immer wieder mit seinen sexuellen Eroberungen prahlen, um als voll genommen zu werden. Je weniger sexuelle Erfahrungen man hat, desto weniger werde man als echter Mann angesehen.

Ein anderer Freund erzählte mir von diesem einen mal, als er einen One-Night Stand hatte und diese ihn dazu drängte, in dieser Nacht 5 mal Sex zu haben, obwohl er mehr als einmal sagte, er könne nicht mehr. Er traute sich nicht, nein zu sagen.

Ein dritter Freund, der schwul ist und manchmal etwas feminin rüberkommt, meinte, er habe bei einer reinen Männergruppe immer das Gefühl, nicht für voll genommen zu werden. Einmal sei ihm sogar ins Gesicht gesagt worden, er sei eben kein ganzer Mann, weil er keine typischen Männer-Hobbys habe.

Mich haben diese Gespräche unglaublich traurig gemacht. Ich weiß nicht, ob das Einzelfälle sind oder ob viele junge Männer mit dem Problem kämpfen, sich aber nicht darüber reden trauen. Ich finde es auf jeden Fall wichtig, dass solche Themen, genauso wie feministische Themen, in die Öffentlichkeit gerückt werden.

© Marcela 2020-10-27

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