von Mona SchÀfer
âWerden wir jemals aufhören, an uns selbst zu zweifeln?â, fragen wir einander und lachen die Frage weg, weil wir beide nicht zugeben wollen, dass die Antwort ‚Nein‘ lautet. Sie wechselt das Thema und erzĂ€hlt von ihrem nĂ€chsten Projekt, einem Essay zu einem Thema, das sie seit einigen Monaten beschĂ€ftigt. Zuvor habe ich erzĂ€hlt, dass ich bis heute Schwierigkeiten habe, mich Schriftstellerin oder Autorin zu nennen, weil ich noch nichts ‚erreicht‘ habe.
Was macht mich zur Autorin? Eine Veröffentlichung? Ein Roman, der in der Buchhandlung ausliegt? Oder das reine Vertrauen darin, dass die Worte auf meinem Laptop mir die Berechtigung erteilen, ich dĂŒrfe jetzt in den heiligen Kreis der Kunstschaffenden eintreten und verweilen, ganz gleich, was sich an Erfolg ankĂŒndigt? Bin ich Autorin, weil ich mich selbst so nenne oder andere? RegelmĂ€Ăig frage ich mich, ob mich diese kleine Stimme begleiten wird, ganz gleich, was die kommenden Jahre passiert. Die Stimme, die mir sagt, dass ich doch nur so tue, als wĂ€re ich kreativ, als könne ich der Welt auch nur ein einziges Wort mehr beitragen. Das sind dann auch die Zeiten, in denen meine Finger zu lange ĂŒber den Tasten schweben und meine Augen trĂ€nen, von dem WeiĂ des Word-Dokuments.
Es ist gleichzeitig eine der ernĂŒchterndsten und befreiendsten Erkenntnisse, die ich in den letzten Monaten hatte. Das Zweifeln hört niemals auf. Es entwickelt sich nur und wechselt ab und zu die Farbe. Von weiĂ zu vollgekritzelt. Zweifeln macht mich aus, das weiĂ ich mittlerweile.
Was mein Schreiben definiert, ist das kleine âtrotzdemâ, in dem so viel Trotz steckt, wie in wenigen Dingen, die ich tue. Trotzdem tippe ich, mal mit mehr, mal mit weniger Inbrunst. Manchmal ist auch nur ein vorsichtiges Anstupsen der Tasten. Trotzdem bin ich gespannt darauf, was fĂŒr Worte und Ideen mir zufliegen und wie viel davon ich auffangen kann. Wie ich das Fliegen in Tippen verwandeln kann. Trotzdem habe ich im Schreiben etwas gefunden, was mir beweist, dass Leidenschaft die schönste Dialektik beinhaltet.
An manchen Tagen habe ich Angst, dass nichts VernĂŒnftiges sich auf der Seite ansammelt, die ich gerade bearbeite. An anderen ist es mir egal. Wieder an anderen habe ich schon mehrere Seiten gefĂŒllt, bis ich ĂŒberhaupt darĂŒber sinniere, dass ich hier gerade etwas nie dagewesenes erschaffe. Dass das die Kraft ist, die man hat, wenn man dran bleibt. Worte, die nur einem selbst gehören, bis wieder andere sie sich beim Lesen aneignen. Ich habe in den letzten Jahren eine trotzige Liebe zu meinem eigenen Schaffen entwickelt. Eine Liebe, die von Zweifeln geprĂ€gt sind, die wiederum das Schaffen prĂ€gen. Eine Liebe, die mir manchmal TrĂ€nen in die Augen treibt, die nicht verstehen, warum sie da sind und mir die Wangen herunter kullern. Eine Liebe, die mir regelmĂ€Ăig das Leben in Farben malt, die ich dann selbst umschreiben muss. Eine Liebe, die immer wieder bedingungsloses Vertrauen beweisen muss.
© Mona SchÀfer 2023-01-14