Brauchen wir den Schöpfergott?

Klaus Schedler

von Klaus Schedler

Story

Die Vorstellung eines Pantokrators, also eines Gottes, der alles erschaffen hat und dabei – Göttin sei Dank – auf uns nicht vergessen hat, mag falsch sein, doch finde ich sie schön. Schön, weil sie anschauliche Bilder vermittelt. Das Wasser war zwar schon da, doch Gott trennt es von der Erde, lässt das Licht entstehen etc. und entwickelt dann in seinem Atelier bzw. Entwicklungslabor Pflanzen und Lebewesen und auch den Menschen.

Diese Geschichte kann man mit allen Zutaten fesselnd nicht nur Kindern erzählen und genauso macht es auch der 2. biblische Schöpfungsbericht. Adam darf allen Tieren einen Namen geben, er erhält seine Eva, eine Schlange taucht auf und überredet die beiden etwas Verbotenes zu tun und dann werden sie erwischt. Blöd gelaufen.

Das nenn ich ein prima Drehbuch! Nicht so langweilig, wie die ewig vor sich hin dümpelnde Evolution und nicht so abstrakt wie der unanschauliche Urknall, der doch eigentlich nur ein paar Nerds befriedigen kann. Erst später kommen wir dann drauf, dass wir diesen Schöpfer lediglich als Platzhalter für unsere eigene Entwicklung gebraucht haben. Wir entfernen ihn als nutzlosen Staubfänger und Hirnballast aus unserer Begriffs- und Gedankenwelt und ersetzen ihn durch das „Schöpfungsprinzip“, die „natürliche Auslese“, oder die „inhärent-natürliche Prozesslogik“ des Lebens. Der auf diese Weise eigentlich nur intellektuell kaschierte Schöpfergott wirkt in unserer säkularisierten Welt wesentlich zeitgeistiger. So werden wir nicht mehr belächelt, als ob wir noch an Kindermärchen glaubten.

Doch gehen wir nochmal zurück zur biblischen Überlieferung. Erst außerhalb des Paradieses ist alles Leben sterblich geworden: Auch wir Menschen. Nein, ich glaube nicht, dass der Tod die Strafe für den Sündenfall ist. Vielmehr ist das Werden, Wachsen und Gedeihen ebenso ein Wesenszug der Natur, wie das Altern, Krankheit, Siechtum und – eben auch der Tod. Ein Schöpfungs-pardon – Produktionsfehler? Ein Knick in der Logik?

Keineswegs, denn das Leben selbst ist es, das uns überdauert, indem wir gleichsam als Abfindung für unsere verlorene Unsterblichkeit Kinder bekommen können. Mehr noch, unsere generative Fähigkeit hat ein Ablaufdatum im Sinne eines „Best before …“. Ein genialer Prozess.

Trotz mancher medizinischer Höchstleistungen sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft mit zunehmenden Alter der Eltern. Keine Boshaftigkeit, sondern das Ergebnis der erwähnten Prozesslogik. Weil nämlich die Reproduktion der Gene nach einer gewissen Zeit immer fehlerhafter wird, hört sich unser Spaß daran irgendwann buchstäblich einmal auf. Die Verantwortung der Lebenserhaltung ist an die Folgegeneration weitergeleitet worden.

So gesehen ist der Alterungsprozess, sogar unser Tod, eine höchst sinnvolle Maßnahme zur Qualitätssicherung des Lebens. Wer denkt sich sowas aus? Gewiss nicht der Schöpfergott in seinem Atelier oder Entwicklungslabor. Oder etwa doch?

© Klaus Schedler 2019-09-30

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