Willst du mit mir schreiben?

PetraBrigitte

von PetraBrigitte

Story

Ich habe Brieffreundinnen.

Wenn ich das heutzutage wem erzĂ€hle, werde ich meistens mit grossen Ausgen angesehen. Und oft neugierig gefragt, warum man sich „das antut“? In Zeiten, in denen man in Echtzeit kommunizieren kann? Und was man sich da so schreibt, wenn man doch auch miteinander telefonieren könnte.

Im Alter von 7-8 Jahren entdeckte ich in der Sumsi Zeitung die Rubrik „Brieffreunde“. Der Grundstein fĂŒr mein geliebtes Hobby wurde in der Zeit gelegt. Ich liebte es, in der Papierhandlung die Regale voll von schönen Briefpapier anzusehen. Manchmal durfte ich mir auch welches aussuchen, das ich dann stolz nachhause trug. Das sich schon bald mit persönlichen Worten fĂŒllte, am liebsten schreibe ich auch heute noch mit Tintenfeder.

Diese Form der Kommunikation brachte mir bedeutsame Kontakte in mein Leben. Freundschaften, die einzigartig und besonders waren und sind. Ich liebe es nach wie vor Briefe zu schreiben und zu lesen. Keine noch so persönliche Email kann das GefĂŒhl ersetzen, eine Whatsapp nie ausreichend sein.

Der Beginn so einer Brieffreundschaft ist manchmal etwas holprig, je nachdem, ob man sich ĂŒber ein Inserat kennenlernt oder man sich zufĂ€llig im realen Leben begegnet, aber vielleicht aufgrund der Distanz beschliesst, sich Briefe zu schreiben.

Aus kleinen Fragen werden im besten Fall seitenlange ErzĂ€hlungen, der Kontakt persönlicher und vertrauter. Neben dem Inhalt offenbart sich fĂŒr mich so viel mehr. Die Handschrift, die einzelnen Buchstaben, die auch mal je nach Thema undeutlicher werden, weil diese die Aufregung spĂŒren lassen, die der Schreiber in dem Moment empfindet. FĂŒr den fĂŒhlt es sich vielleicht wie ein Tagebucheintrag, fĂŒr den EmpfĂ€nger wie eine ErzĂ€hlung.

FĂŒr einen kleinen Moment verlasse ich meine Welt, um in das Leben der Brieffreundin einzutauchen. Um sich mitzufreuen ĂŒber eine Jobzusage oder auch mitzufĂŒhlen, wenn Herzschmerz das derzeitige Geschehen bestimmt. Zu sehen, da gibt es Menschen, die trotz der Hektik des Alltags sich die Zeit nehmen, um mir zu schreiben, um mich an ihrem Leben teilhaben zu lassen. Das GefĂŒhl möchte ich nicht missen.

Ja, einen Brief zu schreiben, erfordert Zeit, ihn zu lesen ebenfalls. Es ist fĂŒr mich eine spannende Form der Kommunikation, weil diese nicht nebenbei geschieht. Sondern was besonderes ist und bleibt. Gerade wenn einen Kilometer trennen und ein Treffen nicht möglich ist, ist es umso schöner sich alles zu erzĂ€hlen. Detailliert und bunt. Weil Mimik und Gestik fehlen und man rein durch Worte Emotionen schafft.

Mein handschriftlich gefĂŒhrtes Adressenbuch ist gefĂŒllt mit Adressen von Menschen aus der ganzen Welt. Mit manchen schreibe ich schon ewig, bis heute und man wurde miteinander erwachsen. Mit einigen hat sich der Kontakt verloren, aber die Erinnerungen bleiben. Und die Briefe in den Boxen, in denen ich sie aufbewahre.

© PetraBrigitte 2020-07-26