Brief an den besten Freund

Sophiekirschblüte

von Sophiekirschblüte

Story

Vor ein paar Tagen hast du mich gefragt, wer mein bester Freund bzw. meine beste Freundin sei. Ich meinte, ich hätte keine(n). Fakt ist aber: DU bist mein bester Freund.

Du bist derjenige, den ich anrufe, wenn mich etwas bedrückt, wenn etwas Schönes oder Lustiges passiert ist, wenn ich einen Rat brauche oder wenn ich einfach nur mal plaudern will.

Du bist der, auf den ich mich verlassen kann. Als ich in Marokko war und bei uns Corona ausgebrochen ist, warst du es, der versucht hat, mich noch rechtzeitig heimzuholen, bevor die Grenzen dichtgemacht wurden.

Du bist es, der mich bei allem, bei dem ich Hilfe benötige, unterstützt. Sei es beim Zweitlesen von Elternbriefen und Texten, bei Arbeiten im Haus, im Garten oder am Computer.

Wir gehen miteinander essen und mit dem Hund spazieren. Du bist der, der mich versteht, wenn ich über die Welt und all das, was in ihr passiert, spreche und meine Sorgen und Bedenken ausdrücke.

Du hörst mir zu, wenn ich Anekdoten – positive wie negative – aus der Schule oder aus meinem privaten Leben erzähle. Manchmal sagst du nichts oder nicht viel dazu, aber du hörst zu.

Wir tauschen einige Male in der Woche kleine, oft liebe SMS aus, meist sehr kurz, aber so, dass ich weiß, du denkst an mich.

Und das ist es, was es so schwer für mich macht, dass jetzt eine neue Frau und wahrscheinlich zukünftige Partnerin in deinem Leben ist. Denn unsere Freundschaft, in der Form wie sie bisher war, wird sich dadurch ändern. Sie hat sich bereits geändert: Keine bzw. nicht mehr so viele liebe SMS.

Deine Zeit war bisher schon knapp wegen der vielen Arbeit und nun wird sie noch knapper werden. Deshalb werden wahrscheinlich auch unsere gemeinsamen Spaziergänge weniger werden, denn dafür wirst du nicht mehr die Zeit haben.

Du wirst nicht mehr bei mir im Gästezimmer übernachten, wenn es einfacher ist, weil du mit Chichi etwas am nächsten Tag unternimmst. Wir werden uns wahrscheinlich nicht mehr oder nicht mehr so oft zum Frühstücken bei mir treffen und plaudern oder Essen gehen.

Und irgendwann, auch wenn du sagst, dass sei nicht so, werden auch unsere beiden Urlaube in den Lungau und nach Osttirol und auch kleinere Unternehmungen wie eine Eselwanderung ein Ende haben.

Ich werde meinen besten Freund verlieren und das tut wirklich weh.

© Sophiekirschblüte 2020-09-20

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