Brief an dich

Marta Lyk

von Marta Lyk

Story

Ich weiĂź nicht, wie ich anfangen soll.

Vielleicht damit,

dass ich dich nicht verdient habe.

Nie hatte.

Aber trotzdem geglaubt habe,

dich besitzen zu dĂĽrfen.

Ich war leer. Und du voll. Ich war laut. Und du warst echt. Ich war unruhig, und du – warst Zuhause. Ich habe dich geliebt, aber nicht so, wie man jemanden lieben sollte. Ich habe dich gebraucht, als Spiegel, nicht als Mensch.

Du hast mir so oft die Hand gereicht. Und ich hab sie weggeschlagen – nicht aus Hass, sondern weil ich Angst hatte, was ich darin sehen könnte.

Du hast mich gebeten, hinzusehen. Mich selbst zu erkennen. Mich zu ändern. Aber weißt du, wer ich war? Ein Mann, der lieber lügt, als zuzugeben, dass er verletzt ist.

Ich war abhängig von deiner Stärke, deinem Glauben, deiner Wärme. Und ich habe dich damit vergiftet. Du wolltest ein Abschiedsgespräch. Oder vielleicht ich. Und dann hab ich gesagt: „Dann soll auch nichts mehr kommen.“ Ein letzter Stich. In der Hoffnung, du würdest nochmal aufstehen. Nochmal kämpfen. Nochmal zurückkommen.

Aber du bist gegangen. Diesmal ohne zu zögern. Und da wusste ich: Du bist frei. Ich habe jemand Neues. Aber sie ist nicht du.

Sie kennt meine Witze. Du kanntest meine Stille.

Sie fragt, was ich denke.Du hast es gewusst.

Ich rauche zu viel. Rede zu wenig. Fühle zu spät. Und jedes Mal, wenn ich nachts wach liege, stelle ich mir vor, du liegst irgendwo in Frieden. Nicht mit mir. Aber mit dir. Und das ist das Einzige, was zählt.

Du warst nie zu wenig. Du warst zu viel für mich. Und ich – war zu wenig für dich. Wenn ich könnte, würde ich dir sagen, dass es mir leid tut.

Dass ich weiß, was ich zerstört habe. Dass ich’s verstanden habe. Aber ich schicke diesen Brief nicht ab. Denn ich weiß, du brauchst ihn nicht mehr. Ich schreibe ihn nur, damit du wenigstens irgendwo in mir überlebt hast.

© Marta Lyk 2025-06-19

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