Brief an einen Freund – Teil 5

Iris Kölbl

von Iris Kölbl

Story

Eine Million Gedanken schossen mir durch den Kopf. Jedes mögliche Szenario spielte sich in Lichtgeschwindigkeit in meinem Kopf ab. Was sage ich nur? Sag’ ich „ja“? Ich habe sie gern, sehr sogar, aber wenn sie es nur freundschaftlich meinte, hätte ich mir ungewollt Hoffnung gemacht. Aber was, wenn sie es nicht freundschaftlich meinte und einen Hintergedanken hatte und herausfinden wollte, ob ich mehr empfand? Ist es zu arrogant so zuversichtlich zu denken? Gott! Was mache ich jetzt?

„Erde an Nick“, sprach Sofie und fuchtelte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht. Sie riss mich aus meinen Gedanken. Ich schaute sie anscheinend ziemlich entgeistert an, denn sie machte einen betrübten Eindruck. Hatte ich sie verletzt? „Verdammt! Sag etwas!“, dachte ich mir. „Wenn du nicht antworten willst, ist das okay“, sprach Sofie mit ruhiger Stimme. Ich schüttelte den Kopf. „Ich will aber etwas sagen.“ Jetzt sah sie mir direkt in die Augen.

„Ich mag dich. Ich weiß nicht wie sehr, aber als wir uns damals auf der Party das erste Mal begegneten, warst du wie ein Feuerwerk. So jemanden wie dich habe ich noch nie getroffen. Man kann so viel mit dir lachen und über alles reden. Ich würde für dich bis ans Ende der Welt gehen. Ehrlich! Mit dir will ich immer zusammen sein. Ohne dich ist das Leben farblos und trüb. Die Zeit, als wir uns nicht gesehen haben, hat mich wahnsinnig gemacht. Als ich dich dann im Park beim Lesen gesehen habe, bin ich innerlich ausgeflippt. Ich war so nervös, weil ich nicht damit gerechnet hatte, dir hier zu begegnen. Ich dachte, dass ich dich nie wiedersehen würde. Deine Nummer hatte ich damals leider noch nicht und da ich deinen Nachnamen nicht kannte oder wusste auf welche Schule du gehst, dachte ich, dass es hoffnungslos ist. Doch dann warst du einfach da und das Glück schien auf meiner Seite zu sein. Sofie, ich mag dich. Sehr sogar und ich weiß nicht, ob das jetzt unangenehm wird zwischen uns, wenn du nicht so empfindest. Ich möchte dir nicht zur Last fallen mit meinen Gefühlen. Du musst mir auch nicht direkt antworten, ich kann warten. Wenn du mir gar nicht antwortest ist das auch okay, aber dann vergiss alles und lass uns trotzdem in Kontakt bleiben. “

Sie sah mir eindringlich in die Augen. „Da hattest du ja einige Gefühle in dir aufgestaut“, sagte Sofie mit friedlicher Stimme. Erst jetzt bemerkte ich, was ich da eigentlich alles gesagt hatte. Sie hatte recht, ich trug das schon lange mit mir herum, aber ich hatte nicht vor, ihr all das so direkt zu sagen. Vor allem nicht bei unserem ersten Date. Sofie nahm meine Hand und schaute einige Minuten darauf, dann sprach sie. „Nick, ich mag dich auch.“

Warte… Hat sie das gerade wirklich gesagt? Träume ich vielleicht? Sie redet weiter. „Du bist ein wundervoller Mensch. Du machst dir so viele Gedanken um andere und bist ein guter Freund zu Fin. Wenn man euch sieht, wie ihr miteinander umgeht, hat man das Gefühl ihr zwei gehört zusammen. Du bist ehrlich und ich bin froh, dass du mir deine Gefühle offenbart hast. Auch wenn wir uns noch nicht so lange kennen und noch einiges vom Anderen lernen werden, glaube ich, dass du mir gut tust. Deshalb frage ich dich: Nick willst du es mit mir versuchen?“

© Iris Kölbl 2023-07-14

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Hoffnungsvoll