Brief von der Front

Liebste Minna

Im Beginne recht viele Grüße und ich offen, daß ihr Gesund seid. Meine liebste Minna ich schreibe heute den zweiten Brief und hoffe, du hast den ersten bekommen. Hab die Adresse rein-geschrieben, wo du mir schreiben kannst und ich so hart warte. Weißt ja Minna, wie schwer mir um dich und unsere lieben Kinder ist. Es geht mir so ganz gut, aber heil bin ich nicht. Wenn doch die Zeit bald da wäre, bei dir zu sein. Ich bin in einer Baracke mit 15 Mann in einem Zimmer und es ist kalt. Es gibt kein Holz und der Wind geht immer, da Ostfriesland bekanntlich am Wasser ist. Österreicher sind viele hier und sie wollen alle gerne nach Hause. Bekannte habe ich noch keine gesehen.

Meine gute Minna mir kommt es vor, als geht für uns die Sonne wieder auf. Die einzige Hoffnung gelt, ein Wiedersehen und Beisammensein. Wenn Gott will, kommt die Zeit. Ich denke oft, wie es dir gehen wird und es sein wird bei dir zu Hause und unseren lieben Kindern.

Ich fühle mich oft wie verloren. Dann höre ich von den anderen das Leben, was sie gelebt haben. Dann fühle ich mich so glücklich, weil wir so gut zusammen leben und nichts kommen könnte, dich gute Minna und du mich zu vergessen. Das kann uns niemand nehmen, gelt.

Ich denke sehr oft an unsere Kinder, wie sie jetzt sein können. Wie groß der Franz wohl schon ist mit seinen 9 Jahren. Der Ferdi geht auch schon zur Schule. Das kann ich fast nicht glauben. Die Mitze, die immer so lieb war. Den Hubert kann ich mir nicht vorstellen, wie lieb er ist. Minna, ist es möglich? Ist es so gelt!

Liebe Minna, tu ein Bild von dir und den Kindern in den Brief. Ich hätte so eine große Freude, wenn das kommen würde. Mein Glück seid nur ihr, meine Lieben!

Minna ich gehe am Sonntag in die Kirche. Es ist eine Notkirche für Katholiken. Der Pfarrer hält gut Bredigt, immer von der Lage, die wir zu tragen haben. Und wenn ein Volk Gott los wird, dann werden immer solche Zeiten kommen.

Ich schließe mit tausend Grüßen und Küssen, dein Franzl. Gott schützt euch, auf Wiedersehen. Grüße beide Mütter. Allen lebe Wohl, meine Minna.

“Kommentar Tochter Mini, Juni 2022: Aus diesem Brief von Vater von der Front kann man herausnehmen, dass der jüngste Sohn 7 Woche alt war, als er die Familie verlassen musste. Die Sehnsucht an seine geliebte Frau, an die 4 Kinder war sehr groß und rundum großes Leid. Sie wurden wegen des Kriegs getrennt und wie könnten sie wieder zusammenkommen angesichts der schlechten Umstände. Die Hoffnung und die Hilfe Gottes waren das Einzige.”