Brimor Schattenfels und das Meisterwerk #4

Die Elbin verzog gespielt überrascht den Mund. »Oh, Brimor Schattenfels höchstpersönlich. Dann solltest du wirklich besser aufpassen. Stell dir vor, jemand würde denken, du bist so … unbeholfen, wie du wirkst.«

Ein paar umstehende Händler kicherten. Brimor ballte die Fäuste.

»Und wer bist du, dass du hier so groß tönst?«, fragte er scharf.

Sie stellte sich aufrecht hin, klopfte sich den Staub von ihrem Mantel und verbeugte sich theatralisch. »Lyriel – Söldnerin, Schwert bei Tag und Nacht, und gerade von der Gilde dafür bezahlt, hier für Ordnung zu sorgen. Ordnung, die du offenbar gründlich durcheinander wirbelst.«

»Söldnerin«, wiederholte Brimor und schnaubte. »Also eine, die sich fürs Gold verkauft. Na, kein Wunder, dass du dir deine Späße leisten kannst – andere müssen hart arbeiten.«

Lyriel lachte, hell und ungerührt. »Oh, das sitzt. Und doch stehst du hier in derselben Halle wie ich. Scheint, als wären wir gar nicht so verschieden.«

Brimor knurrte etwas Unverständliches, das wie ein Fluch klang, und wandte sich ab. Doch Lyriels Stimme folgte ihm wie ein Dorn im Ohr: »Ich wette, wir werden uns noch öfter begegnen, Schattenfels. Versuch bis dahin, nicht über deine eigenen Füße zu stolpern.«

Brimor ignorierte sie demonstrativ, aber innerlich brodelte er. Eine Söldnerin! Eine eingebildete, selbstgefällige Elbin noch dazu. Wenn das so weiterging, würde sein Aufenthalt in Dunthal schlimmer werden als jeder Stollensturz.

—–

Der Nachmittag im Wirtshaus verlief so chaotisch wie der Markt am Mittag. Brimor hatte endlich das Bündel mit Edelsteinen in die Hände des Gildenschreibers gedrückt, den Quittungsstempel erhalten und wollte gerade erleichtert die Stufen zum Schlafsaal hinaufsteigen, als plötzlich ein schriller Gong die Halle erschütterte.

»Alarm im Tresorraum!«, brüllte jemand.

Die Würfel verstummten, Becher schienen förmlich in der Luft hängen zu bleiben, Stimmen fielen ineinander wie einstürzende Balken. Brimor hielt mitten in der Bewegung inne. Ein Teil von ihm wollte sofort auf sein Zimmer, die Tür verriegeln und hoffen, dass es ihn nichts anging. Doch die Menge riss ihn mit.

Im Kellergeschoss des Gildenhauses herrschte Aufruhr. Wachen drängten die Neugierigen zurück, Schreiber wischten sich den Schweiß von der Stirn, und mitten im Gewimmel stand der Gildenvorsteher selbst: ein beleibter Mann mit rotem Gesicht und zerknitterter Weste.

»Gestohlen!«, keuchte er. »Das Meisterwerk ist gestohlen!«