von Karin Tesar
Vielleicht kennt ihr den Film “Cast Away” mit Tom Hanks gestrandet auf einer einsamen Insel. Ich hab den schon oft gesehen. Bis jetzt war das nur ein Film wie jeder andere, aber plötzlich hat die Geschichte für mich eine neue Bedeutung.
Was motiviert einen Menschen, der ganz alleine ist, in einer grundsätzlich aussichtslosen Situation weiter zu leben und zu kämpfen – Tag für Tag?
Einsamkeit ist in Zeiten von Social Distancing in Folge der Pandemie ein allgegenwärtiges Gefühl. Kaum jemand spricht darüber oder erlaubt sich dieses Gefühl wahrzunehmen. Aber wenn die Ablenkungen immer öfter wegfallen, dann wird es immer schwieriger, diese zu ignorieren.
Wir sind (manche mehr und andere weniger) soziale Wesen, die Bindungen suchen und eingehen. Dadurch fühlen wir uns zugehörig und nicht alleine. Die Einsamkeit hat Pause. Sie ist allerdings nicht weg. Rilke hat geschrieben: “Und wenn wir wieder von der Einsamkeit reden, so wird immer klarer, dass das im Grunde nichts ist, was man wählen oder lassen kann. Wir SIND einsam.”
Der Unterschied zwischen mir in einer Gruppe oder alleine zu Hause sind nur die äußeren Umstände. Im Kern sind alle Entscheidungen, die ich treffe und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben – also mein Weg, den ich dadurch gehe – einsame Momente. Niemand kann diesen Weg für mich gehen. Keiner kann für mich schwierige Zeiten überstehen. Bindungen können uns kurz helfen, aber der Verlust dieser Bindungen macht uns nicht mehr einsam als wir es ohnehin schon sind, sondern es macht nur das Gefühl sichtbar. Wie mit einem Scheinwerfer wird es plötzlich ausgeleuchtet und füllt uns mit einem Mal komplett aus. Welchen Sinn hat es dann noch weiter zu gehen? Wo nehme ich die Hoffnung her, dass ich mich irgendwann nicht mehr so fühlen werde?
Dazu passen sehr schön die Worte von Tom Hanks nach seiner Rettung:
“Ich war machtlos auf der ganzen Linie. Und dann war es, als würde sich eine warme Decke um mich legen. Ich wusste, ich muss irgendwie am Leben bleiben. Ich musste irgendwie weiter atmen. Selbst wenn es keinen Grund zur Hoffnung gab und mein Verstand sagte, dass ich das alles hier nicht wieder sehe. Und so habe ich es dann gemacht. Ich lebte weiter, ich atmete weiter. So lange bis mich mein Verstand lügen strafte an dem Tag als die Flut kam und mir ein Segel schenkte. Und jetzt bin ich hier und ich weiß, was ich zu tun habe. Ich werde weiter atmen, weil morgen die Sonne wieder aufgeht und wer weiß, was die Flut bringt.”
In diesem Sinne – weiter atmen – jeden Tag – weil wir nie wissen, was die Flut uns eines Tages schenkt.
© Karin Tesar 2022-02-26