Champignonsegen und Schmalzfleischfluch

Erwin Barilich

von Erwin Barilich

Story

An einem Sonntagnachmittag war ich wieder einmal beim KĂŒhe hĂŒten. Die KĂŒhe grasten am Waldrand entlang. Ich folgte ihnen, setzte mich öfters hin, um mein erstes Karl May Buch zu lesen. Als ich wieder einmal den KĂŒhen nachging, traute ich meinen Augen nicht, ich sah viele weiße Kreise auf der Wiese – es waren Champignons! Ich war mit den KĂŒhen ĂŒberraschend auf den ehemaligenTruppenĂŒbungsplatz Bruck/Leitha gekommen. Die Soldaten hatten dort nĂ€mlich auch Reitausbildung und Pferdegespanne. Voller Freude begann ich die Champignons zu sammeln und in Ermanglung eines BehĂ€ltnisses habe ich mir aus meiner Jacke einen Behelfsrucksack gerichtet, indem ich die untere Seite mit einem Draht zusammenband und bei der Halsöffnung die Pilze einfĂŒllte. Ich legte beide Ärmel ĂŒber die Schultern und trug den Binkel beim Heimtreiben der KĂŒhe wie einen Rucksack zuerst zu unserem Haus, das abseits vomHeimweg der KĂŒhe lag, musste ihnen aber dann schnell nachlaufen, da diese ihren gewohnten Weg zum Stall weitergingen, damit ich mit den KĂŒhen gleichzeitig ankomme.

Nun gab es fĂŒr uns einige Tage Champignons in verschiedensten Variationen – Suppe, gebacken, gedĂŒnstet, es war fĂŒr uns ein Festessen. Auch meinen Freunden habe ich vom Segen der GlĂŒckspilze erzĂ€hlt und in 2 Tagen waren alle weg.

SpĂ€ter habe ich gelesen, dass Champignonsporen nur dann keimen, wenn sie durch den Verdaungstrakt von Pferden, Esel oder Hasen gegangen waren. Das Mycelium breitet sich zuerst im Mist, dann in der Erde sternförmig aus, und an den Ă€ußeren Enden entstehen die Pilze und erscheinen auf der Wiese als „Hexenringe“.

Aber nicht jeder Fund war ein GlĂŒcksfall Wir Buben stöberten wieder einmal in einem aufgelassenen Russenlager, in der Hoffnung, etwas Essbares zu finden. Ich entdeckte eine kleine Konservendose mit Resten von Schmalzfleisch. Da es noch keinen ĂŒblen Geruch hatte und ich sehr hungrig war, habe ich es an Ort und Stelle gegessen. Die Folgen waren leider fĂŒrchterlich. Neun Tage hatte ich einen ganz argen Durchfall mit blutigem Schleim, ich konnte nichts mehr behalten. Der Tausendgudenkrauttee meiner Mutter half auch nicht. Mein Vater gab mir den wohl gemeinten Rat, nichts zu essen und zu trinken und meinte, wenn nichts hineinkommt, kann auch nichts heraus kommen, was ich auch 2 Tage einhielt. Dann war ich aber so geschwĂ€cht, dass ich kaum noch 30 m gehen konnte. Es war damals nicht ĂŒblich , wegen eines Durchfalls einen Arzt zu konsultieren, außerdem gab es in Jois keinen Arzt. Eine alte Frau, die mich auf der Hausbank liegen sah und meinen schlechten Zustand erkannte, fragte mich nach dem Grund. Als ich ihr von meinem Leiden erzĂ€hlte, riet sie meiner Mutter, Mehl in einer gusseisernen Pfanne dunkelbraun ohne Schmalz zu rösten und mit Wasser ein „Koch“ zu bereiten und davon mehrmals zu essen. Das schmeckt zwar nicht gut, aber das wird sicher helfen. Und so war es auch. Nach zwei Tagen war der Durchfall zu Ende und nach einer Woche hatte ich mich wieder erholt.

© Erwin Barilich 2020-05-24

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