von Niels PflÀging
Change Management folgt einer tragischen Choreografie. Erst arbeiten wir hinter verschlossenen TĂŒren an einer Traumwelt. Dann rollen wir aus, holen ins Boot, gleisen auf, setzen durch. DafĂŒr ernten wir Widerstand, setzen folglich Zwang und VerfĂŒhrung ein, vielleicht sogar ein wenig Gewalt. Am Ende fĂŒhrt eine Spirale der VerhĂ€rtung dazu, dass in alle Richtungen geschossen wird, dass die VerĂ€nderungsbemĂŒhungen versanden, stagnieren, kollabieren.
Besonders erbĂ€rmlich: Letztlich wird in diesem Modus fast ausschlieĂlich âam Menschen gearbeitetâ. Denn Change Management ist zu wenig prinzipienfest, um Schuldzuweisung, Projektion und Ăbergriffigkeit konsequent in die Schranken zu weisen. Es kann nicht verwundern, dass es beim Change Management so lange braucht, um in die Pötte zu kommen: Denn je mehr Menschen wir abholen, ĂŒberzeugen, verĂ€ndern, korrigieren oder verbessern wollen, desto mehr wird sich die Sache in die LĂ€nge ziehen.
An Menschen zu arbeiten hat einen weiteren Haken: Es fĂŒhrt zu Ăber- und Unterordnung, zu Verhaltensskontrolle und letztlich zur Verringerung von Freiheit. Es erzwingt, dass sich Menschen anpassen oder der Manipulation und Fremdkontrolle entziehen. In diesem Modus gilt die Faustformel: Es bedarf um so mehr Aufwand und Zeit fĂŒr den Change, je mehr Menschen ich verĂ€ndern muss. Change Management âskaliert nichtâ.
Change als Flippen stellt diese quasi-physikalischen Gesetze der VerĂ€nderung in Organisationen auf den Kopf. Es beschrĂ€nkt sich konsequent, ja geradezu mönchisch, auf die âArbeit am System – gemeinsam mit allen Willigenâ. In diesem Ansatz macht es kaum einen Unterschied, ob das fragliche System zwanzig, 200, 2.000 oder 200.000 Akteure umfasst. Sofern unsere Flips auf das ganze System zielen, spielt die Zahl der beteiligten Menschen keine groĂe Rolle. Change als Flippen skaliert!
In diesem Sinn bedarf VerĂ€nderungsarbeit einer stetigen Neu-Verhandlung des Organisationsmodells. VerĂ€nderungsarbeit ist Vereinbarung und Einigung, nicht Revolution! Vereinbarung ist nötig: Denn Akteure haben unterschiedliche Auffassungen. Sie haben, wie wir gesehen haben, manchmal auch gute GrĂŒnde, gegen Methoden, Folgen oder Nebeneffekte der VerĂ€nderungsarbeit zu opponieren. GrĂŒnde, die eher im gegenwĂ€rtigen Organisationssystem als in der verkorksten Psyche der Akteure ihren Ursprung haben. Es sei nochmals betont: Jene mysteriösen Verhaltensmuster, die wir beobachten, sollten wir als âMangel an KohĂ€renz und Konsequenzâ klassifizieren, nicht als Widerstand gegen VerĂ€nderung. Einigung â nicht Kompromiss! – ist der SchlĂŒssel dazu, Systeme durch Flippen aus den Angeln zu heben.
Im Change als Flippen arbeiten wir an VerhĂ€ltnissen, nicht an Menschen. Von dieser Maxime abzuweichen wĂŒrde schnell zu Schuldzuweisung fĂŒhren und fast unweigerlich zum selbst-verursachtem Scheitern unserer gut gemeinten BemĂŒhungen um VerĂ€nderung. Ganz so wie im Change Management.
© Niels PflÀging 2022-04-09