Nachdem wir außer Hörweite von Herrn Ewerhardt und Herrn Huber waren, fragte ich Frau Koslova, wie sie zu Clara stand.„Clara ist so ein liebes Mädchen, ihretwegen arbeite ich hier überhaupt.
Als sie am 11.04.2007 auf die Welt kam, wurde ich eingestellt, um das Haus und sie zu pflegen.“
„Wissen sie zufällig, wer ihre besten Freunde sind?“„Freunde hat sie nicht, ihr Vater hält sie regelrecht gefangen, wie einen Vogel im goldenen Käfig. Die Mutter mischt sich nicht ein, da sie von ihm finanziell abhängig ist.
Aber jetzt, wo wir über Freunde sprechen, fällt mir ein, dass Clara vor einer Woche freudestrahlend die Treppe herunterkam und mir erzählte, dass sie einen Jungen via Internet kennenlernte.„Das klingt interessant, hat sie Ihnen mehr von ihm verraten?“„Nein, nicht mal seinen Namen, sie hat ihn nur Mister B genannt.“
Außerdem hat sie mich angewiesen, mit keiner Silbe ihrem Vater von der Liebschaft zu berichten. Ich habe ihr noch eindringlich klarmachen wollen, dass sie vorsichtig sein muss.
Sie hat nur gelacht und gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen soll, weil er es ernst meint und sie ihn bald in Real-Life sehen würde. Scharf zog ich die Luft ein: „Dann ist sie wahrscheinlich gar nicht zum Campen aufgebrochen, sondern zum Treffen mit ihrem Freund.„Wie kommen sie jetzt auf campen?“, unterbrach Frau Koslova meine Gedanken.
„Herr Ewerhardt teilte uns mit, dass seine Tochter zum Campen aufbrach, als er das letzte Mal mit seiner Tochter gesprochen hatte.“„Clara hasst Campen, sie kriegt schon Panik, wenn eine Spinne in ihrem Zimmer ist.“
Frau Koslova trat näher an mich heran und sagte, dass Herr Ewerhardt seine Tochter kaum kannte, da er selten da sei. Wenn Sie mich fragen, kann man dem alles erzählen. Hauptsache das Wort Jungs in Kombination mit Clara und Liebe kommt nicht darin vor. Der ist einfach nur froh, wenn er seine Karriere ohne familiäre Konflikte fortsetzen kann.
Wo könnte das Treffen stattgefunden haben, fragte ich mich, als wir vor einer milchigen Glastür stehen blieben, an dem ein Schild mit der Aufschrift WC hing. Ich bedankte mich für das Gespräch und trat ein. Natürlich musste ich nicht wirklich auf die Toilette, sondern brauchte nur Zeit um mich in den oberen Stockwerken umzusehen.
© ElisabethAnna Hosper 2024-09-09