Cheese Cake Zero, also null Käsekuchen. Ein seltsames Gefühl überkommt mich, als ich die Schachtel aus dem Kühlschrank nehme. Käsekuchen ohne Käsekuchen? Läuft das nach demselben Prinzip wie Schrödingers Katze? Solange der Käsekuchen in der Verpackung ist, kann man sich nicht sicher sein, ob er noch genießbar ist oder schon verschimmelt?
Weit gefehlt. Cheese Cake Zero ist Käsekuchen ohne Kalorien. Pardon, fast ohne Kalorien. Einen Käsekuchen ganz ohne Kalorien kann es nicht geben. Ist doch klar, dass solche Werbebotschaften nicht immer wörtlich gemeint sein. Auch wenn der Kuchen nicht wirklich null Kalorien hat, so ist es doch schon von Vorteil, wenn er weniger Kalorien hat als sein hüftvergoldender Vorgänger. Kein Grund, sich in Haarspalterei zu verlieren. Hauptsache gesund! Ist doch sicher gesund, oder? Lecker Käse, lecker Kalzium…
Moment mal… Ein näherer Blick auf das Kleingedruckte verrät mir, dass der Cheese Cake Zero von Käse so weit entfernt ist wie der Teufel von der Priesterweihe. Die Zutaten bestehen nämlich hauptsächlich aus Emulgatoren, Aroma- und Farbstoffen, Salz und Geschmacksverstärkern, sogenanntem Analogkäse.
Angeekelt schiebe ich das Ding wieder in die Schachtel. Wir haben uns alle längst an veganes Fleisch, Cola ohne Zucker und Zucker ohne Kalorien gewöhnt. Wir haben das Bratfett vom Fett befreit und den Analogkäse vom Käse. Analogkäse! Und plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Die Analogien haben uns fest im Griff, gaukeln uns eine Scheinwelt vor, beruhigen unser Gewissen und hören beim Essen noch lange nicht auf…
Falsche Titten, falsche Lippen, Transmänner, die Medaillen im Frauensport gewinnen, grüne Politik aus Kohlekraftwerken und Fracking, Plagiate als Befähigungsnachweis, Wissenschaft als Dogma, Krieg und Waffenlieferungen als Garantie für den Frieden. Aber dafür gibt es mit Winnetou und Pumuckl ein neues Feindbild. Unsere Welt hat das Echte, den Kern der Dinge über Bord geworfen.
Plötzlich werde ich von einer übergroßen Welle des Heißhungers erfasst. Mich gelüstet nach einem richtig blutigen Steak mit gebratenem Speck und fettigen Pommes. Mir ist klar, dass ich nichts davon in meinem Kühlschrank finden werde, und trotzdem scanne ich sein Inneres hektisch nach etwas ab, was meine Gelüste zu befriedigen vermag. Aber alles, was ich sehe, sind nur zwei Familienpackungen Mageryoghurts. Panisch reiße ich das Tiefkühlfach auf. Gott sei Dank, wenigstens eine Tiefkühlpizza. Überglücklich greife ich mir die Pizza, reiße sie auf und schalte das Backrohr ein. Die Zutaten lese ich lieber nicht.
Bild: pixabay/alisonhouse780
© Andrea Eva Ritzberger 2023-07-02