Es war einer der heißesten Tage des Jahres mit knapp über 35 Grad im Schatten. Meine Freunde und ich schwitzten so viel wie noch lange nicht mehr und das Fahrradfahren machte es nicht sehr viel besser. Aber dennoch fuhren wir weiter die Strecke, die meine Freundin vorgeschlagen hatte – 5km aus der Stadt raus, dann nochmal 2km die Landstraße lang und dann schließlich 8,5km um den See herum. Da sie aus der Stadt kam, folgten wir ihr nur. Der Fahrtwind beim Radeln half sehr, die Hitze auszuhalten und der Sonnenhut, der mir einfach kommentarlos aufgesetzt wurde, hielt meinen Kopf schön kühl – oder hielt ihn zumindest davon ab, noch heißer zu werden.
Die Fahrt in der Stadt machte nicht wirklich Spaß. Ich hatte oft Angst, dass ich gleich von einem Auto erwischt werden könnte. Von rechts überholen, plötzlich bremsen, hier ein Mopedfahrer und dann Menschen, die einfach auf die Straße traten – alles, was einen wütend machen konnte, fand man hier.
Aber es wurde besser, als wir endlich die Landstraße erreichten. Wie zu Hause fanden auch hier tausende von Hektar Raps Platz, um sich auszubreiten. Wir fuhren an einem Feld entlang, dass so sehr in der strahlenden Sonne gelb leuchtete, dass ich zum ersten Mal wirklich froh war, dass mir eine Sonnenbrille aufgezwungen wurde. Der Raps trieb mir einen süßlichen Geruch in die Nase, der mich irgendwie an meine Urlaube als Kind am Meer erinnerte. Und als wir das Rapsfeld passierten und ein Lavendelfeld an seine Stelle trat, wurde meine Laune nur noch besser. Der wundersame Geruch kroch in meine Nase und das glanzvolle Lila des Lavendels schimmerte im Sonnenlicht beinahe magisch. Der Geruch und die Farbenpracht waren so unterschiedlich vom Grau der Großstadt und vom Mief, dass ich beinahe beflügelt fühlte, endlich mal rauszukommen. Ich war schon viel zu lange nicht mehr draußen im Grün gewesen.
Am See angekommen ließen wir uns erstmal ins Gras fallen und tranken die Wasserflaschen, die wir mitgenommen hatten in wenigen Zügen aus. Unser bester Freund opferte sich für uns und stand nochmal auf, um vom Händler am See noch mehr Wasser zu holen. Wir beobachteten ihn amüsiert wie er, meinen Sonnenhut auf dem Kopf, das Gras hinunter stapfte und vier Flaschen stilles Wasser und eine Cola kaufte.
Mein Blick wanderte über die Wiese und den See, über all die Menschen, die mit ihren Fahrrädern hierhergekommen waren, um dem Großstadtchaos an diesem heißen Sommertag zu entgehen. Ich sah Kinder, die im See badeten, Großeltern, die mit ihren Enkeln picknickten und Paare, die mit ihren Hunden einen Spaziergang machten. Das Schilf bog sich sanft in der Brise, kleine Kräuselwellen waren auf der Oberfläche des Sees zu sehen und über meinem Kopf zogen die Wolken dahin. Es war der perfekte Ort, der perfekte Moment und die perfekten Menschen.
All diese Glückseligkeit ließ mir beinahe die Tränen in die Augen schießen. Wer hätte gedacht, dass ich, so weit weg von zuhause, eine zweite Heimat und Familie finden würde?
© Samantha Gerlach Dominguez 2022-08-20