chiwie

Flaco

von Flaco

Story

wir hatten einen dackel. was für ein erster satz!? in der derzeitigen situation kann man nur versuchen auch mal an etwas anderes zu denken und dafür ist „wir hatten einen dackel“ gar kein schlechter anfang. eigentlich eine dackeline (sagt man so?). ihr name war chiwie.

in den späten fünfzigern, als meine eltern noch mit schmalzlocke und march simpson frisur moped fuhren wurde chiwie in einen seesack gesteckt und es ging in den wienerwald oder an die donau. als der sack später wieder einmal auftaucht kriecht sie spontan aus eigenem antrieb hinein. offensichtlich hat ihr das gefallen und sie wollte einfach wieder einmal motorrad fahren.

als ich geboren werde ist sie schon da. also so etwas wie meine große schwester. meine mutter erzählt gerne, dass sie den kinderwagen bedenkenlos stehen lassen konnte, chiwie lag darunter und sorgte dafür, dass sich niemand zu weit näherte. mein kleiner bruder und ich spielten viel mit ihr. unser lieblingsspiel: „cowboy“. es gibt ein altes foto von chiwie mit cowboy hut. sie schaut darauf nicht glücklich drein. dackeln finden es mäßig lustig einen cowboyhut aufgesetzt zu bekommen, aber sie war ja keine spielverderberin. wir hatten ihr sogar beigebracht, dass sie, wenn wir mit dem finger auf sie zeigten und „peng“ riefen, sich dramatisch auf den rücken drehte und den „toten hund“ mimte.

in große schwierigkeiten brachte sie meine eltern gerade am nikolausabend, als der festlich aufgeputzte nikolo den raum betrat knurrte sie nur, auf den krampus stürzte sie sich dann aber heldenmutig, verbiss sich in seinen oberschenkel und blieb dort wild zappelnd hängen. was meine nicht wohlhabenden eltern dazu zwang eine nicht unbeträchtliche wiedergutmachung an den krampus für den erlittenen schaden an hose, oberschenkel und psyche zu bezahlen.

in den siebzigern haben mein geströmter boxer dana und ich in einem film mitgespielt, als langbeiniger, langhaariger jugendlicher, mit plateauschuhen, glockenhose, bunt gestreiftem hemd mit großem kragen und einem goldenen kreuz um den hals. (nicht so sehr ausdruck meines glaubens, aber damals war das „leiwand“)

der simple plot: weil ich mich in der schule schlecht benommen hatte, hat mein vater mir den hund weg genommen und ihn verkauft, daraufhin laufen sowohl ich als auch der hund davon, machen uns auf die suche nacheinander und haben dabei natürlich einige abenteuer zu bestehen. nur ein amateurfilm mit dem zeittypischen hammond orgel soundtrack, aber bei einem amateurfilmfestival gelaufen. in einem vollbesetzten kino konnte ich den spielfilm mit mir und meinem boxer sehen, so kamen dana und ich zu unseren „fifteen minutes o fame“. die kassette gibt es noch, leider kenne ich niemand mehr der noch vhs hat.

meinen terrier piri kennen ja einige hier schon. meine mutter nennt sie den “sprechenden hund”. piri hat den letzten sommer im campingbus sehr genossen, nicht nur sie, aber diese geschichte heb ich mir auf. wenn ich wieder mal an etwas anderes denken muss.

© Flaco 2020-10-29

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