von IsaKurzi
In meinem Studium ist jedes Semester mindestens ein Praktikum zu absolvieren. Jedes Semester ist ein anderer Teilbereich des späteren Arbeitsalltages an der Reihe. Mein erstes Praktikum hatte ich im Röntgen. Da ich schnell genug war, bekam ich einen Platz in dem Spital meiner Wahl. Da es genug zu tun gab, hatten sie dort die Kapazitäten 2 Praktikanten aufzunehmen, worüber ich sehr froh war. Dadurch lernte ich Sarah kennen. Wir studierten zwar im selben Jahrgang, hatten aber durch verschiedene Freundeskreise so gut wie nie Kontakt. Dennoch wurden wir im Praktikum schnell Freunde und verbrachten 6 Wochen gemeinsam.
Da es unser erstes Praktikum war, kamen wir eigentlich komplett roh hin. Wir hatten zwar alles in der Theorie gelernt, aber hatten keine Ahnung von der Praxis. Im Röntgenraum war dann Clarissa für uns verantwortlich. Fast jeden Tag war sie da und lehrte uns die Abläufe und Untersuchungen und all das mit einer Offenherzigkeit und Euphorie, dass man es nur lieben lernen konnte. Die Arbeit war geprägt von Positivität und machte dadurch unendlich viel Spaß. Fehler waren okay und jede, auch noch so dämliche Frage unsererseits, wurde einfühlsam beantwortet. Und wir wurden gelobt, für alles was wir richtig gemacht haben, was die Motivation natürlich ordentlich voran trieb. Ich bekam das Gefühl gut zu sein, empfand Freude daran neues zu lernen, wie ich es zuvor noch nie tat.
In diesen 6 Wochen lernte ich unglaublich vieles über Röntgen aber mindestens genau so viel auf persönlicher Ebene. An keinem einzigen Tag wollte ich nicht ins Praktikum gehen, jeder Tag erfüllte mich auf eine ganz besondere Art. Wir wurden so herzlich in das Team aufgenommen wie ich in keinem anderen Praktikum wieder erlebte. Ich war selbst begeistert von dem Fortschritt den ich innerhalb ein paar Wochen machte und meine Persönlichkeit konnte um vieles wachsen. Ich wurde von einem schüchternen, kleinen Mädchen zu einer jungen Frau, die ihren Wert erkennen lernte.
An unserem letzten Tag brachten wir für alle Kollegen Schokolade mit und für 2 Kollegen, eine davon war natürlich Clarissa, Blumen mit. Die Geschenke wurden natürlich herzlichst angenommen und auch wir gingen nicht leer aus. Jeder von uns bekam Raffaellos und einen Brief von Clarissa. Bei der Verabschiedung waren wir allen den Tränen nah und vielen uns bei dem endgültigen Tschüss in die Arme. Der Brief liegt immer neben meinem Bett und ich habe ihn gefühlte 100 Mal gelesen. Bis heute bin ich dankbar Clarissa kennengelernt zu haben und von ihr gelernt haben zu dürfen. So gerne würde ich heute danke sagen für alles, was ich damals noch nicht begriffen habe, für alles was sie uns entgegenbrachte, was nicht als selbstverständlich gilt, wie ich in späteren Praktika lernen musste. Danke dafür, wie sie mir zeigte über mich selbst hinaus zu wachsen und ein positiver Mensch zu sein.
Photo by Simon Ray on Unsplash
© IsaKurzi 2020-09-25