von PETER MANDL
In grauer Vorzeit lernte ich in Neuseeland eine Mit-Tramperin kennen, in der ich eine potenzielle Freundin sah. Sie war aus Cordoba, aber nicht aus dem andalusischen Juwel, sondern aus der Heimat der Gauchos und Monster-Churrascos.
Bei meiner ersten Anden-Überquerung von Chile aus kam ich natürlich gleich auf Besuch und wurde – traurige Überraschung – von ihrem glutäugigen Ehemann begrüßt. Die Visite kürzte ich ab.
Das alles hat mit dieser Geschichte allerdings nur geografisch was zu tun, es geht nämlich um die wiederhergestellte Ehre Österreichs.
Bei der schändlicherweise während des faschistischen argentinischen Mörderregimes abgehaltenen Fußballweltmeisterschaft 1978 waren unsere wackeren Fersler schon vor dem letzten Match ohne Chance, für die weltweit beliebten deutschen Nachbarn ging es aber noch um die Qualifikation.
Der Fernseher in meiner Salzburger Garçonnière glühte und nach Hansi Krankls zweitem Goal zum 3:2 schmiss ich meinen tonnenschweren ägyptischen Sitzpolster viermal derart fest auf den Boden, dass ich mir beide Schultern und Arme verrenkte. Ing. Edi Finger, Reporter und bekennender Kärntner Rapid-Anhänger, brüllte “Tor! Toor! Tooor!, I wer‘ narrisch!” und wie für sich “i glaub‘, jetzt hammas gschlogn! Der Papa in Wien, der Straßenbahner. . .“ und so fort.
Hans Krankl wurde–ich glaube, noch am selben Abend- im ORF-Interview nach dem Hergang gefragt und gab in reinstem Breitenseer Hochdeutsch, gewürzt mit einigen Meidlinger L, eine Schilderung der sensationellen Ereignisse, die sich seit fast viereinhalb Jahrzehnten tief in mein Unterbewusstsein graviert hat: “Naja, da habe ich den Rüssmann überspielt, na nicht eigentlich überspielt, der hat eigentlich geschlafen, und dann habe ich den Kaltz überspielt und dann ist der HERR Maier herausgekommen und dann hab ich das Tor müssen machen, wos soll i mochn?”
Am nächsten Morgen fuhr halb Salzburg über die deutsche Grenze nach Freilassing, hinter den Rückfenstern der Autos die Titelseite der Kronen-Zeitung: GROSSE SCHNAUZE ZUM SCHWEIGEN GEBRACHT!
Der HERR Maier Sepp war ja weitum bekannt als Schmähbruder, aber die Sache hat ihn offenbar doch etwas berührt. Jahre später stand ich nämlich einmal dicht neben ihm in irgendeinem Flughafen-Zubringerbus, als der Lautsprecher im letzten Moment irgendeine Umleitung verkündete. In meiner unnachahmlichen Schlagfertigkeit meinte ich “no, da foahrn ma hoit noch Cordoba”, worauf der weltberühmte Goalesel (so sagte man bei uns in Simmering) ein paarmal heftig seinen Adamsapfel auf und ab marschieren ließ und schließlich drei Kilometer an mir vorbeischaute.
Hans Krankl war übrigens später spanischer Goleador und wird heute noch in Barcelona ständig auf der Straße erkannt und bejubelt.
Und nicht erst seit damals benütze ich den FC.Bayern München als Abführmittel, womit ich mich aber vermutlich in Gesellschaft vieler deutscher Fußballanhänger befinde.
© PETER MANDL 2021-01-30