CoV19 in Afrika – Ein Kampf gegen die Zeit

Daniela Sacko

von Daniela Sacko

Story

Wir erleben wie viele Existenzen plötzlich auf dem Spiel stehen. Unternehmer überlegen, wie lange sie die Krise mit den finanziellen Rücklagen überstehen. Die Bundesregierung stellt Hilfspakete für Betriebe zur Verfügung. Wir unterstützen unsere Familie, unsere Freunde. Wir halten zusammen. Wir lachen gemeinsam, wir machen uns Mut. Wir vertreiben uns die Zeit mit Social Media und Challenges. Wir fühlen Geborgenheit.

Kenia. Cov19 breitet sich rasant in Afrika aus und erreicht somit die Ärmsten der Ärmsten.

Seit einigen Jahren begleite ich mit meinem Team, Kinder und Familien die weit unter dem Existenzminimum täglich um das Überleben kämpfen. Wir kämpfen gegen die weibliche Genitalverstümmelung. Wir setzen uns für Bildung und Empowerment ein.

Heute sieht es so aus, als würde alles zusammenbrechen.

Die Menschen, die ich kenne, leben von der Hand in den Mund und haben keine finanziellen Rücklagen um Lebensmittel für mehrere Tage zu kaufen. Die Geschäfte, auch die Lebensmittelgeschäfte werden in Kenia am 27.03. auf unbestimmte Zeit geschlossen. Schulen und Universitäten schon Wochen zuvor.

Ich selbst war bereits mehrere Male in Kibera. Im größten Slum Afrikas. Dort leben zwischen 700.000 und 1.000.000 Menschen auf engstem Raum. Kein fließendes Wasser oder eine eigene Toilette. Familien teilen sich eine winzige Hütte. Social Distancing ist also hier nicht möglich. Die Menschen verdienen dort meist als Obstverkäufer o. Handwerker ihr tägliches Geld. Das Leben wird zu einer Herausforderung. Mehr als gewöhnlich.

Die Gesundheitsversorgung in Kenia ist schlichtweg verheerend. Während meiner ersten Reise in Kenia habe ich Jumo kennengelernt. Sein Englisch war gleich gut wie meine Swahili Kenntnisse und trotzdem konnten wir uns wunderbar unterhalten. Er erzählte mir immer wieder voller Stolz von seinem 5-jährigen Sohn. Sie lebten in sehr ärmlichen Verhältnissen. Weder er noch seine Frau haben je eine Schule besucht. Aber sie waren so glücklich. Ihr gemeinsamer Sohn war das schönste Geschenk.

2 Wochen nachdem ich Zuhause angekommen war, erreichte mich die Nachricht, dass Jumo`s Sohn verstorben ist. Diarrhö. Durchfall mit Todesfolge. Der Weg ins nächste Krankenhaus war zu weit.

Zudem leiden viele an einem schwachen Immunsystem. 2018 lebten weltweit der UN-Organisation UNAIDS zufolge, 37,9 Millionen Menschen mit HIV, davon knapp 26 Millionen südlich der Sahara. Die Zahl der Unterernährten und Menschen mit Vorerkrankungen, ist ebenfalls sehr hoch.

Händewaschen gilt im Kampf gegen diesen Virus als die wichtigste Schutzmaßnahme, um sich vor einer Infizierung zu schützen. Dies ist dort schlichtweg illusorisch.

In Afrika ist es ein Kampf gegen die Zeit. Ein unerbittlicher Kampf gegen Krankheit und Hunger. Ich kann nur zusehen und täglich beten. Beten, dass ich meine Liebsten dort bald wieder in die Arme schließen kann.

© Daniela Sacko 2020-03-26