von Erich Stöger
Die Anden (Cordillera de los Andes), eine der gewaltigsten Gebirgsketten der Welt. Sie erstrecken sich in einer Länge von rund neuntausend Kilometer und mit hundert Sechstausender. Also wirklich gigantisch. Ich sitze an einem Fensterplatz und schätze mich glücklich, denn manche der Gipfel waren mir so nahe, dass ich glaubte, sie berühren zu können. Bis ich erahnte, dass die Flughöhe stimmte, aber die Berge so hoch sind. Schwermut ergriff mich. Die Schwermut der Anden dachte ich. Die Zeit schien stillzustehen, nur die Langsamkeit der vorbeiziehenden übermächtigen weißen Berggipfel stellte eine Bewegung dar. Dann begriff ich, es war nicht die Schwermut dieser übermächtigen Gebirgskette, nein, es war vielmehr meine eigene. Wir waren auf dem Flug von Lima nach Cusco. Ich dachte an den Flug des Condor, dem König der Anden (Greifvogel mit bis zu drei Metern Flügelspannweite) und in einigen Nationalflaggen südamerikanischer Staaten vertreten. Ich fühlte mich als Condor auf der Reise durch die Schönheit der Anden. Die Landung am Rande der Stadt war ein Abenteuer. Die Feldarbeiter griffen nach ihren Hüten, so knapp über ihren Köpfen waren wir kurz vor dem Aufsetzen. Cusco, der Nabel der Welt, liegt auf dreitausendfünfhundert Meter und der Reiseleiter riet uns beim Verlassen der Maschine, sofort in den Schatten zu gehen und zusammen zuwarten. Ich teilte großzügig Traubenzucker aus und bekam von ihm Lob zugesprochen.
Im schönen Hotel wurden wir mit Cocatee empfangen und unsere Ausflüge begannen mit einer Stadtführung. Sie begann auf der Plaza de Armas. Cusco war einst Mittelpunkt des Inkareiches. Überragendes Bauwerk der Plaza ist die Cathedral, sie wurde von den Spaniern auf dem Fundament des Palastes von Inca Viracocha errichtet, den sie vorher zerstörten. Rechts daneben steht die Iglesía El Triunfo (Erinnerung zur Niederschlagung des Indianeraufstandes 1536) und links der Cathedral steht die Iglesía Jesús María. Sie ist erst an die zweihundertfünfzig Jahre alt. Die Iglesía La Companía de Jesús wird als eine der schönsten bezeichnet und steht ebenfalls auf dem Fundament eines alten Inkapalastes. Da, wo jetzt der Iglesía Santo Domingo steht, erhob sich einst der El Templo de Coricancha (Sonnentempel), seine Wände sollen einst vergoldet gewesen sein. Zu guter Letzt für diesen Tag werfen wir einen Blick von der gewaltigen, über Cusco gelegenen Sacsayhuamán (Inkafestungsruine) mit Steinen bis zu hundert Tonnen, runter auf die Stadt. Wunderbar. Spätnachmittags machten wir Shopping mit Alpakakleidung. Auf unseren österreichischen Dialekt angesprochen von der Ladenbesitzerin, erfuhren wir, dass sie aus Salzburg stammt und ihre Tochter gerade dort studiert. Ist die Welt nicht klein? Es folgten Rundfahrten in das heilige Tal der Inka, wo wir Ollantaytambo, eine der besterhaltenen Inkasiedlungen, den farbenprächtigen Sonntagsmarkt in Pisac, man bedenke, dass in Peru an die fünftausend verschiedenen Kartoffelsorten angebaut werden, die Inkaanlage Tipon und Andahuaylillas mit der Kirche Jan Pedro (die sixtinische Kapelle der Anden) besichtigten. Am letzten Abend genossen wir eine einheimische Delikatesse, gegrilltes Meerschweinchen (eigene Züchtung und größer als die bei uns bekannten) und durften dann noch an den Vorfeiern zum Inti Raymi (Wintersonnenwende) teilhaben. Eine Freude, den Kindern bei ihren Proben zusehen. Menschen und Feuerwerk begeisterten und berührten uns sehr.
© Erich Stöger 2025-06-19