von Kerstin Brandl
Dahoam – 6 Buchstaben – oa Wort.
So beginnt ein bekannter Spruch, der im Wohnzimmer des Hauses hängt. Meines Elternhauses.
Als Teenager wollte ich immer weg. Ich war gerne zu Hause, dennoch rief das Abenteuer laut meinen Namen und die Welt wollte entdeckt werden. Ich buchte eine Auslandsreise. Alleine. Nach Übersee. 14 Tage New York. Ich war zu der Zeit 21 Jahre jung. Damals war dies ALLES für mich. Das tun zu müssen, bedeutete mir so viel. Meine Ausbildung hatte ich verkürzt, sodass die Abschlussprüfung zum Zeitpunkt der Abreise hinter mir lag. Meine neu bezogene Wohnung mit Balkon in der schönen Stadt Regensburg stand bis zu meiner Rückkehr leer.
Die Reise war ein Erlebnis. Täglich den Mitarbeitereingang zum Empire State Building nehmen zu dürfen, mit Ausweis einen der unzähligen Aufzüge zu benutzen und in den 63. Stock zu fahren. Ich lernte viele Leute kennen und das Leben in der Millionenstadt war anfangs sehr aufregend. Mein Englisch wurde besser und ich erwischte mich, wie ich Emails an Mama in meinen Kopf in dieser anderen Sprache formulierte. So ein Schmarn – Mama kann gar kein Englisch, dennoch fühlte ich mich ab da, richtig angekommen.
Und dann?
Wollte ich heim. Ich bekam Angst in der Anonymität. Der Rückflug nahte und ich schaute den Film „Dschungelkind“. Ich verstand die Botschaft und fühlte mich so verbunden.
Meine neue tolle Wohnung in Regensburg kündigte ich, wie meinen Job. Ich – das Bayerwaldmädel – fand so wieder den Weg in die Heimat. Heimat, das ist für mich Familie, Freunde, Dorf und Natur. der Ort wo ich verstanden werde. Mama begrüßte mich mit offenen Armen und ermöglichte mir eine Art kleine Wohnung im Elternhaus. Ihre Liebe zu mir ist so stark, dass ich sie heute noch im Herzen trage.
Heute – das ist 9,5 Jahre nach ihrem Tod.
Ich lebe in diesem Elternhaus, in der Heimat. Gehe täglich in den Wald und kümmere mich um den Garten. Zu Feierlichkeiten kommen Geschwister, Verwandte und es solle weiterlaufen wie vorher. Als sich Mama gutherzig und gastfreundschaftlich um alle kümmerte. Das ist es aber nicht – denn es hängt nun an mir.
Heute – Jahre später habe ich verstanden, das Heimat kein Ort ist. Heimat Herzenswärme und Liebe. Bedingungslos gemocht zu werden und gut zu sein wie man ist. Ich durfte bei Mama immer sein wie ich bin. Das erkenne ich jetzt.
Hoffnungsvoll blicke ich in die Zukunft und will als Mama auch für meine Familie ein so pulsierender Herzschlag sein. Mich um die Bedürfnisse aller kümmern (auch um meine. Damit jeder sein kann wie er ist. Denn so bin ICH.
© Kerstin Brandl 2024-09-26