Die Stille in ihren Augen schrie lauter als Worte
21.9.2024 Ich stehe vor dem Spiegel mit Tränen überflutetem Gesicht – eine Träne nach der anderen fließt mein nun schimmernd-glitzerndes Gesicht hinunter – und versuche mir gleichzeitig mit dem herzlichsten Lachen einzureden, dass alles gut sei oder zumindest sein wird. Ich begann diesem verlockendem Lächeln zu glauben, doch dem Schmerz in den Augen, die nicht lügen konnten, war nicht zu trauen. Ich war traurig. Mir ging es nicht gut. Ich war überfordert mit meinem eigenen Leben. Es war alles zu viel gewesen. Zu viel was ich nicht verstand.
22.9.2024 Tut mir leid, dass ich alles überdenke. Tut mir leid, dass so emotional bin. Tut mir leid, dass ich alles anders wahrnehme. Tut mir leid, dass ich Fehler mache. Es tut mir leid, dass ich so bin wie ich bin! Ich bin wie ich bin, aber ich bin der Fehler, den alle verließen. Früher oder später gingen sie alle, als sie erkannten ist wie ich tatsächlich war und schließlich damit nicht klar kamen. Meine Mutter macht mir das jedes mal aufs neue klar.
23.9.2024 Wieder sitze ich hier mit Tränen über beinahe meinen ganzen Körper verteilt und einem Messer in der Hand, weil ich das alles nicht mehr kann. Ich will dieses Messer irgendwo in mir spüren, die grausamen Schmerzen fühlen, doch ich bin nicht mutig genug. „Tu es. Tu es einfach nur.“ Schreit die Stimme in mir. Sie will Frieden. Sie will den Tod nicht akzeptieren, sie will die Einsamkeit nicht zulassen, sie will geliebt werden, sie will nicht verletzt werden. Das alles. Es ist nicht viel verlangt und dennoch ist es zu viel um das nur ein einziges der Wahrheit entsprechen kann. So viel, dass dieses Messer wo anders hingehört als nur in meine Hand. Ich kann es nicht. Ich will es, aber… ich kann es nicht. Ich bin so schwach! So dumm! So allein.
24.9.2024 Mir geht es nicht gut. Definitiv. Doch wenn jemand fragt, ob alles in Ordnung wäre, sage ich jedes Mal aufs Neue : „Ja klar, alles gut, was sollte sein?“ Es könnte so vieles sein, aber woher sollten sie das denn auch wissen. Ich will es keinem erzählen, aber es soll doch jeder erfahren. Ich will nicht, dass sie davon wissen, aber ich will geholfen bekommen. Keiner hört mich schreien in diesen immer enger werdenden Glasraum. Alle können mich wie eine Museumsfigur in diesen Kasten sehen. – Wie ein Schauspiel. – Sie sehen, wie ich leide, wie ich schreie. Doch alle gehen weiter zum nächsten Museumsstück.
© Enola Schellenberger 2024-11-18