von Daniela Krammer
Ich habe ihn nie persönlich kennengelernt. Trotzdem hat er Einfluss auf mein Leben, hat sein Schicksal mich tief berührt.
Daniel ist gestorben. Er wurde nur 35 Jahre alt. Mitte zwanzig verletzte er sich bei einem Unfall so schwer, dass er seither querschittgelähmt im Rollstuhl saß. Vor zwei kommt dann Krebs dazu. Seine Eltern wollen ihn auffangen, ihm helfen – aber er will alleine sein, selbstständig bleiben. Da beginnt eine große Reise für seine Eltern, die mit dem Schmerz irgenwie umgehen müssen. Und die beiden machen etwas Großartiges: Sie gründen den Verein auf Augenhöhe und beschließen, wenigstens anderen Menschen in vergleichbarer Lage zu helfen. Denn für Querschnittgelähmte braucht es so viel Hilfe. Umbauarbeiten in der Wohnung, vielleicht sogar eine Übersiedlung, um Barrierefreiheit zu bekommen. Therapien verschlingen Unmengen an Geld.
Die beiden stampfen regelmäßig Events aus dem Boden, sind unglaublich kreativ dabei, mit neuen Ideen Menschen zusammen zu bringen, die ihre Geldbörse öffnen und gezielt für Projekte Geld zu spenden. Projekt klingt in diesem Zusammenhang so absurd. Jedes „Projekt“ ist das Schicksal eines Menschen, dem mit dem Kauf eines besonderen Rollstuhls, mit der Bezahlung eines Spezialbettes, mit Therapien das Leben erleichtert wird.
Im Rahmen eines Event lerne ich die beiden kennen. Sie hören mich bei irgend einer Veranstaltung spielen und fragen mich, ob ich für ihr nächstes „Projekt“ bereit wäre, ohne Honorar zu spielen. Wie gerne ich das gemacht habe. Ein Golfturnier und anschließende Gala im Marchfelderhof – wie sinnvoll und bereichernd, wenn so ein Event einmal so einer guten Sache zugute kommt. Eine Versteigerung von Gemälden – jedes einzelne vom Künstler der Sache zur Verfügung gestellt – in der Albertina. Die Räumlichkeiten werden für den Verein als Beitrag kostenlos zur Verfügung gestellt, viele Tausend Euro können so gesammelt werden und werden direkt an Menschen weiter gegeben, für die es ein echter Segen ist. Jeder gesammelte Euro wird weiter gegeben, weil jeder – egal ob Künstler, ob Vereinsmitglied und die beiden Gründer sowieso – ehrenamtlich mit dabei ist. Selbst die kleinen Aufmerksamkeiten wie eine Flasche Wein oder ein Strauß Blumen für unseren Auftritt bezahlen die zwei aus eigener Tasche, um jeden Cent denen zukommen zu lassen, die wirklich Hilfe benötigen.
Ich habe Daniel nie kennengelernt. Aber ich habe miterleben dürfen, was er indirekt in dieser Welt bewirkt hat. Wievielen Menschen das Leben erleichtert wurde, weil seine Eltern ihre Kraft auf diese Art in die Welt gebracht haben.
Er durfte noch einmal seinen letzten Wunsch ausleben: das Meer sehen. Zurück in Wien durften seine Eltern mit Schutzkleidung bei ihm sein. Anfang der Woche ist er gestorben. Ich kann nicht erfassen, wie schmerzhaft das sein muss. Ich kann nur sagen: Danke, Daniel, dass du hier warst. Und Danke ihr beiden, ein Engel hat euch begleitet.
© Daniela Krammer 2020-04-09