von Melanie Lindner
Liebes Tagebuch!
Mein heutiger Tag ist ein freier Tag.
Warum ich heute schreibe? Nun ja, weil es mir einfach ein Anliegen ist, mir wieder was von der Seele zu schreiben. Es tut sich im Moment so Vieles. Das Hauptproblem, warum mich das so beschäftigt ist, weil man nicht einfach mit jeder x-beliebigen Person darüber sprechen kann. Es gibt bestimmte Menschen aus meinem Alltag, die Selbes teilen und auch verstehen, wenn ich sie ihnen erkläre. Andere hingegen würden damit gar nichts anzufangen wissen. Sie würden sich denken: „Warum ärgert sie das so? Warum beschäftigt sie das so? Über so etwas mache ich mir doch nicht einmal einen Kopf!
Nehmen wir das Thema „Schule“ als Beispiel. Ein Lehrer behandelt mich meiner Meinung nach ungerecht und vielleicht sogar benachteiligt gegenüber den anderen. Kein Außenstehender würde dies verstehen. Natürlich kann man es erklären, aber er würde es nicht so verstehen, als wenn er inmitten dieses Problems anwesend gewesen wäre. Bei diesem Thema „Schule und Lehrer“ zum Beispiel, es wird niemand besser verstehen als meine Klassenkameraden und unmittelbar meine Sitznachbarin oder mein Sitznachbar. Genauso funktioniert es auch in anderen Lebensbereichen. Sei es in der Arbeit: Kein anderer würde das so gut verstehen wie meine Arbeitskollegen, die im selben Boot sitzen. Die jeden Tag aufs Neue denselben „Kampf“ erleben müssen. Viele schweigen. Einige wenige sprechen darüber.
Es tut so gut darüber zu sprechen. Es kommt immer darauf an, in welchem Beruf man tätig ist. Es gibt Berufe, bei denen man nicht über alles sprechen darf oder besser gesagt am besten gar nicht spricht. Aber wir sind Menschen, wir haben auch Gefühle und Emotionen, die uns oft bis nach Hause begleiten. Es gibt sogar Erlebnisse, von denen man noch Nächte lang träumt. Sie verfolgen einem direkt. Wichtig hier ist es, einen Ausgleich zu finden. Gerade dann, wenn man weiß, man kann nicht darüber sprechen. Man obliegt vielleicht einer Verschwiegenheitspflicht. Aber trotzdem, wie gesagt, wir sind Menschen mit Emotionen und jeder weiß, man sollte nicht, aber man kann es oft nicht erzwingen, gewisse Dinge aus dem Kopf zu bekommen. Ein Arzt oder eine Krankenschwester zum Beispiel erleben vieles. Es wird ihnen des anderen Leid berichtet, tagein, tagaus. Dies ist oft sehr schwer zu verdauen und genau hier hilft es, ein TABU zu haben! Ein Tagebuch geht nicht an die Öffentlichkeit, „verblabbert“ sich nicht und würde nie hinter deinem Rücken schimpfen! Nein, es steht zu einem, bedingungslos! Es wäre echt schön, wenn für solche Berufsgruppen regelmäßige Supervisionen stattfinden würden. Nicht nur im Extremfall und nach besonderen Ereignissen, sondern präventiv! Sie würden sehr davon profitieren! Wenn ein tragischer Unfall geschieht, werden oft Kriseninterventionsteams gerufen – eine echt tolle Sache! Sie stehen den Betroffenen bei und betreuen sie. Aber warum nicht auch den „Helfenden danach“. Es werden die „vor Ort Personen“ betreut, aber nicht jene, die im Hintergrund arbeiten. Sie nagen aber ganz genau so daran und sind keine Superhelden, die besondere Kräfte besitzen. Nein. Es lässt sie auch nicht kalt! Es sind NUR Menschen!
© Melanie Lindner 2023-06-25