Das beste Versteck?

Andrea Stix

von Andrea Stix

Story

Ein beliebtes Kinderspiel, das fast in Vergessenheit geraten ist. Egal wie lange der Auszählreim gedauert hat, es war einfach immer zu kurz, um sich ein besonderes Versteck zu suchen, damit man nicht gefunden wird.

Und es war doch schon ein Triumph, wenn man erst zum Schluss entdeckt wurde.

Bei meinen Besuchen in den Pflegeheimen kommt es auch immer wieder vor, dass ich die Bewohner nicht auf ihrem gewohnten Platz antreffe 1):

Beispiel 1

Im Zimmer von Frau A war nur die Reinigungskraft, die meinte, dass meine Klientin wahrscheinlich im Aufenthaltsraum zu finden sei. So habe ich in jedem offiziellen Raum und in jedem Winkel nachgeschaut. Nachdem ich sie nirgendwo entdecken konnte, wollte ich im Pausenraum des Personals nachfragen. Welche Überraschung! Frau A saß gemütlich im Raucherkammerl und als ich ihr zum gelungenen Versteck gratulierte, begann sie (fast schadenfroh) herzlich zu lachen.

Beispiel 2

Herr K war nirgends zu sehen. Selbst auf der Nebenstation habe ich ihn nicht angetroffen. Da ich keine Zimmer von anderen Bewohnern betrete, habe ich das Personal ersucht, ob sie nicht dort nach ihm Ausschau halten können. Und tatsächlich: Herr K saß bei einem Bett einer schlafenden Frau, so als ob er ihr Partner wäre. Das war so ein herzliches Bild, das wir berührt waren über diese Szene. Herr K verstand die Aufregung um seine Person nicht und war nur mit Murren aus dem Zimmer zu bekommen.

Beispiel 3

Herr W hatte es sich im großen Ohrensessel neben der Rezeption gemütlich gemacht und deswegen konnte ich ihn erst nach einiger Zeit entdecken. Er meinte ganz trocken, dass er mich schon gesehen hat, als ich suchend herumging. Als ich ihn fragte weshalb er mir nicht nachgepfiffen hat, musste er hellauf lachen.

Beispiel 4

Ich war erstaunt, Frau M nirgends zu sehen. Die Klientin war nicht mehr so mobil und konnte ja schließlich nicht weit sein. Wiederum ersuchte ich das anwesende Personal, mich bei der Suche zu unterstützen. Gefunden wurde sie dann in einem anderen Zimmer, wo sie sich gemütlich ins Bett gelegt hatte. Wie sie es geschafft hat, ohne Hilfe ihre Schuhe auszuziehen, die am Bettende standen, war auch der Schwester ein Rätsel. Es hat einige Mühe gekostet, Frau M zu überzeugen, dass sie im falschen Zimmer war.

Beispiel 5

Wieder einmal musste ich einen Klienten suchen. Er hatte sich besonders gut versteckt. Nachdem er weder im Aufenthaltsraum noch auf seinen Lieblingsplätzen zu finden war, habe ich fast aufgegeben. Aber dann hatte ich Glück, denn seine Schuhe haben Herrn T verraten. Er saß hinter einem Mauervorsprung im Zimmer einer Bewohnerin. Die Tür stand offen und so konnte ich ihn entdecken. Auf meine Einladung zu einen Spaziergang folgte er mir gleich mit den Worten: „Die schläft eh nur, da ist sowieso nichts los“

Bin schon gespannt, lieber Leser/liebe Leserin, wer eurer Meinung nach, das beste Versteck gewählt hat

® Andrea Stix

1) Anmerkung der Autorin: wahre Begebenheit, Name und Ort wurden aus Datenschutzgründen geändert

© Andrea Stix 2020-04-30

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