Das Blasinstrument

Hermann Karosser

von Hermann Karosser

Story
MĂŒhldorf 2025

„Dieser Pool ist besonders empfehlenswert. Da muss man nur den oberen Ring aufpusten 
 und schon kann man Wasser einfĂŒllen“. HĂ€h? aufpusten? Einen ganzen Swimmingpool? Ein toller Vergleichstest, den ich da im Fernsehen gesehen habe! – Aber es ist nicht das erste Mal, dass mir auffĂ€llt, dass an Stellen, an denen ich das Wort ‚blasen‘ verwendet hĂ€tte, andere jetzt ‚pusten‘ sagen. ‚Eine Kerze ausblasen‘, ‚einen Schwimmreifen aufblasen‘, ‚die heiße Suppe auf dem Löffel blasen‘.

NatĂŒrlich weiß ich als aufgeklĂ€rter Mensch, dass das Wort ‚blasen‘ durchaus auch auf, sagen wir, pornographischer Ebene eine bestimmte Bedeutung hat, aber ist ein gutes, altes Verbum der deutschen Sprache deshalb so ‚versaut‘, dass man es aus dem Wortschatz tilgen, womöglich sogar aus dem Duden streichen muss.

Wir leben doch in einer Zeit, wo mit unserer Muttersprache sowieso ĂŒberhaupt nicht zimperlich umgegangen wird. „Ist das geil!“. Wissen junge Leute eigentlich, was das Adjektiv ‚geil‘ ursprĂŒnglich zum Ausdruck gebracht hat? Meine Mutter hĂ€tte mich weiß Gott wie bestraft, wenn mir so ein Wort ĂŒber die Lippen und ihr das zur Kenntnis gekommen wĂ€re. – „Fuck!“, wieder sind wir bei so einem ursprĂŒnglich ‚unanstĂ€ndigen‘ Ausdruck gelandet. ‚Fack ju Göhte‘ mit 2 Fortsetzungen eine der erfolgreichsten deutschen Jugendfilmreihen der letzten Jahre. Der ‚GralshĂŒter‘ der deutschen Sprache, unser verehrter Geheimrat Goethe wird mit dem aus dem Englischen herrĂŒhrenden Ausdruck beleidigt, der ursprĂŒnglich eher in nicht gesellschaftsfĂ€higer erotischer ‚Literatur‘ ihren Niederschlag gefunden hatte.

Dass gerade ich mich fĂŒr den Erhalt des Wortes ‚blasen‘ so vehement stark mache, mag ein wenig verwundern. Schließlich stamme ich aus einer Zeit, in der man tatsĂ€chlich Vieles nicht laut sagen durfte, weil es nicht schicklich war. So erzogen, hatte ich tatsĂ€chlich hin und wieder Probleme, selbst in der Schule. Ich erinnere mich, dass im Erdkundeunterricht die deutsche NordseekĂŒste Thema war. Zuhause machte ich mich durch den Blick auf den Globus schlau darĂŒber und musste zu meinem Entsetzen feststellen, dass es in diesem KĂŒstenabschnitt einen ‚Jadebusen‘ gab. Ich betete zu Gott, dass der Lehrer darĂŒber nichts von mir wissen wollte, denn als pubertierender Jugendlicher interessierte ich mich durchaus fĂŒr die weibliche Physiognomie, aber das Wort ‚Busen‘ vor versammelter SchĂŒlermannschaft auszusprechen, wĂ€re die Peinlichkeit schlechthin fĂŒr mich gewesen.

Doch kommen wir zurĂŒck zum Anfang. Wenn tatsĂ€chlich das Wort ‚blasen‘ im allgemeinen Sprachgebrauch nicht mehr verwendet werden darf, was passiert dann mit all den Zusammensetzungen, in denen es als Bestandteil vorkommt. Es gibt Musikinstrumente, denen wird ein Ton entlockt, indem man am MundstĂŒck Luft in sie hineinblĂ€st. Trompete, Klarinette, Posaune, Oboe, Saxophon und viele andere funktionieren nach diesem Prinzip. Heißen die dann alle ‚Pustinstrumente‘? und das Orchester Pustkapelle?. Wenn irgendjemand glaubt, dass ich meine Klarinette kĂŒnftig ‚Holzpustinstrument‘ nennen werde, dann hat er sich aber geschnitten 



 Pustekuchen!

© Hermann Karosser 2025-07-06

Genres
Humor& Satire
Stimmung
Herausfordernd, Komisch, Inspirierend, Reflektierend
Hashtags