Das Buch meines Lebens

Neugierig schlage ich die erste Seite auf: Herzenswärme, steht da in feinen Buchstaben geschrieben.
Mein Herz schlägt höher. Nun ist es endlich so weit: die Buchstaben strömen mir entgegen.
Es sind Zeilen und Worte, die ich gar nicht verstehe. Es ist eine verschnörkelte Schrift. Enttäuscht blicke ich auf. Was hatte ich erwartet? Dass ich nun endlich die Anleitung für mein Leben finden würde? Dass nun alle meine Fragen beantwortet würden? Missmutig stehe ich auf und gehe zum Fenster. Endlich ist die Frühlingswärme gekommen. Ich öffne das Fenster und atme tief ein. Ich fühle mich geborgen in diesem Augenblick.

Unentschlossen wandert mein Blick zurück zu dem dicken Buch, das auf dem Tisch liegt. Ich bin nicht bereit, gleich aufzugeben. Dieses Buch ist für mich bestimmt, das weiß ich genau. Ich spüre es in jeder Faser meines Körpers. Vorsichtig streiche ich mit der Hand über den Buchrücken. Es ist ein dickes, in ledergebundenes Buch. Kein Buch, das mir auf Anhieb gefallen hätte. Die Seiten sind dünn und es haftet etwas Altes an diesen Seiten. Aber etwas Altes, das nicht von dieser Erde stammt. Warum fühlt es sich so vertraut an?

Ich blicke vor mich hin und werde mit einem Mal sehr müde. Ich lege meinen Kopf neben das Buch und atme seinen fremden Geruch ein, der mir doch sonderbar vertraut ist. Kaum sind meine Augen geschlossen flirren bunte Feen um meinen Kopf herum. Sie tuscheln und kichern. Offensichtlich sind sie in heller Aufregung. Ich höre wie durch einen Schleier fremde Worte in meinen Ohren. Es klingt sehr fein und hoch. Flirrende Worte regnen in mein Gehirn. Die Elfen werden immer schneller mit ihrem Tanz. Beinahe wird mir etwas schwindelig. Dann wird es still und ich schlafe tief und fest.

Den Feentanz noch vor dem inneren Auge wache ich wieder auf und muss lächeln. Ich fühle mich sehr leicht und beschwingt, als ob ich selbst zur Elfe geworden bin. Erstaunt blicke ich erneute auf das Buch, das jetzt aufgeschlagen ist. Ich sehe die Szene mit den tanzenden Elfen als Illustration und bin verblüfft, dass dieses Bild so genau stimmt. Leise höre ich erneut die Elfenstimmen und diesmal bin ich wach. Freudig bitte ich die Elfen, dass sie sich mir zeigen mögen. Ganz scheu tauchen sie in meiner Wahrnehmung auf. Sie setzten sich auf meine Schultern, auf meinen Kopf und fliegen vor meinen Augen herum.

„Hallo ihr lieben Wesen“, sage ich verzaubert. „Wie schön euch zu sehen. Könnt ihr mir helfen, dieses Buch zu verstehen? Ich bin sicher, es ist in elfisch geschrieben.“ „Klar“, wispert eine kleine blaue Fee. „Wir helfen dir gerne“. Freudig schlage ich das Buch erneut auf der ersten Seite auf und bin gespannt, wie diese Geschichte ausgehen wird.