Das Bunte Buch

Gabriela Rodler

von Gabriela Rodler

Story

65 Jahre ist ja in der heutigen Zeit nicht wirklich alt. Aber für ein Märchenbuch sicher ein stattliches Alter. Etwas zerfleddert, abgenutzt, die Ecken abgerundet, einige fliegende Blätter, so halte ich „Das Bunte Buch“, mein geliebtes Märchenbuch aus Kindertagen wieder einmal in Händen. Die bunten, nostalgischen Bilder beeindrucken mich noch immer. Ich blättere ein wenig durch die Seiten, finde Könige, Prinzen und Prinzessinnen, Zauberer, Elfen und Feen, Nixen und Wassermänner, Trolle und Berggeister. Sie alle tummeln sich rund um den Globus. Von Afrika, Amerika, Russland, Indien, vom hohen Norden bis in die österreichischen Berge. Die Geschichten waren meine Lieblingslektüre, wenn ich allein zu Hause war, die Zeit verging beim Lesen wie im Flug, bis meine Eltern von der Arbeit nach Hause kamen.

Einige Märchen gefielen mir besonders, der mitleidige König Pipo, der seine Schätze unter dem Volk verteilte, bis er allein in seinem leeren Schloss saß. Er verliebte sich in eine Prinzessin, doch da er ja arm war wusste er nicht, was er machen sollte. Da kam ihm ein Maler zu Hilfe. Der malte die komplette Einrichtung auf die Wände des Schlosses. Als die Prinzessin mit ihrem Vater zu Besuch kamen, merkte nur sie den Schwindel, heiratete den König Pipo in den sie sich auch verliebte. Und wenn sie nicht gestorben sind…

Oder von den geizigen Dorfbewohnern, die verzaubert wurden und nur mehr „mi-mi, mau-mau“, sagen konnten, bis sie ihre Taten bereuten und endlich wieder sprechen konnten.

Das russische Märchen vom Zauberpferdchen hatte es mir besonders angetan. Das Pferdchen half Iwan schwierige Prüfungen zu bestehen, damit er dann seine Prinzessin heiraten konnte.

Sehr nett fand ich auch die Geschichte der Nagelsuppe. Ein junger Mann begann auf einem Marktplatz über einer Feuerstelle eine Suppe zu kochen. Er erzählte den neugierigen Bewohnern, dass er nur Wasser und einen Nagel in den Suppentopf tat und damit eine köstliche Suppe zauberte. Er lud aber alle Neugierigen ein, wenn sie wollten etwas zu der Suppe bei zusteuern. Bald köchelte in dem Topf, Gemüse, Kartoffeln, Gewürze und sogar ein kleines Stück Fleisch und daraus wurde eine schmackhafte Suppe.

Doch auch der Umweltgedanke wurde in ein Märchen verpackt. Zwei Brüder erbten einen großen Wald von ihrem Vater. Der ermahnte sie, gut auf die Natur und die Bäume zu achten. Der eine hegte und pflegte seinen Teil, der andere holzte alles ab und verkaufte das Holz. Doch bei einem schweren Gewitter löste sich eine Steinlawine und donnerte den ab gerodeten Hang hinunter und zerstörte den Hof des profitgierigen Bruders.

Es gäbe noch so manches zu erzählen, vom Osterhasen , vom Nikolo und natürlich vom Christkind. Doch eines steht für mich fest, dieses Buch hat in mir die Liebe zu Büchern und zum Lesen gefestigt. Sicher auch, dass ich begann, Geschichten und Märchen zu schreiben.

© Gabriela Rodler 2021-10-26

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