Das Date mit dem Nackthund!

Yasmin Lohberg

von Yasmin Lohberg

Story
Vienna

Okay, auch ich habe es gewagt, mich 2013 mal „kurz“ bei Tinder anzumelden. Ich wurde immerhin regelrecht von meinen Arbeitskolleginnen dazu gezwungen! „Das musst Du unbedingt ausprobieren!“, haben sie gesagt. Schon hatte meine jüngere Kollegin mein Handy in ihrer Hand und installierte mir die App. Ganz aufgeregt saßen wir zu dritt in einer lustigen Runde zusammen. Ich halte ja generell nichts von Singlebörsen, aber das hier scheint wirklich mal was anderes zu sein, wir hatten zumindest unseren Spaß. Man brauchte den Typen nur nach links wischen, wenn er nicht gefällt, wie im Katalog. Die Kontrolle über mein Handy übernahm weiterhin meine liebe Kollegin: „So, den wischen wir mal nach rechts, der passt zu Dir!“ Na toll, das heißt ich muss nun mit ihm schreiben oder wie? „Du hast ein Match!“, rief sie und vereinbarte nach ein paarmal Schreiben mein erstes Date. Nagut überzeugt, ich werde hingehen und Koch vom Beruf ist dieser Tom auch noch, wie praktisch!

Wir trafen uns im Cafe Leopold, dort kann man nämlich gut verschwinden in der Menge, wenn es nicht passt. Ein großer, karger Typ mit Afro-Mütze stand vor mir. Die Zeit verging wie im Flug, denn Gesprächsthemen hatten wir genug und es kamen immer wieder Leute zufällig vorbei, die wir kannten. Er arbeitete nebenbei als Reggae- und Afrobeats DJ auf diversen Veranstaltungen. Mein Typ war er nicht wirklich, aber die Chemie stimmte, obwohl er doch ein wenig anders war. In den nächsten Tagen schrieben und telefonierten wir dennoch viel, ich sah ihn eher mehr als Kumpel. Wir vereinbarten das nächste Treffen bei mir zu Hause, da er mit mir gemeinsam kochen wollte. Mich traf der Schlag, als ich die Tür öffnete: „Was ist das denn?“ Mein Besuch war nicht alleine! Unter seinem Arm hielt er einen Nackthund Namens Flocke! “Auweia, das könnte wild werden mit meinen beiden Katzen.“ Er hätte aber auch was sagen können. Meinen beiden war der Hund egal, sie lachten ihn wahrscheinlich aus, da er keine Haare hatte und so komisch aussah. Flocke machte auch keine Anstalten, legte sich brav in den Katzenkorb. Tom und ich kochten, tranken Wein, redeten über Gott und die Welt. Nach dem Essen quasselten wir weiter mit Wein und Bier bis spät in die Nacht.

Als ich am Morgen in meinem Bett aufwachte, spürte ich nackte Haut auf meinem Oberarm! „Bitte nicht, bitte lass das jetzt nicht wahr sein! Nein, nein, es ist nichts passiert!“ Ich öffnete meine Augen und musste lachen. Neben mir gekuschelt lag Nackthund Flocke! “Gott sei Dank, lieber der Hund als sein Besitzer!”, war mein erster Gedanke. Ich stand auf, Tom lag schlafend auf der Wohnzimmercouch. Ich brauchte dringend einen Kaffee, Flocke folgte mir in die Küche: „Hey, Du bist irgendwie doch ein ganz süßer, obwohl du so lustig aussiehst, aber dafür kannst du ja nichts!“

Nach dem Frühstück verabschiedeten sich Tom und Flocke: „Darf ich den Hund behalten?“, waren meine letzten Worte. Ich sah die beiden nie mehr wieder und Tinder war für immer Geschichte!

© Yasmin Lohberg 2021-10-25

Genres
Humor& Satire, Biografien
Stimmung
Abenteuerlich, Herausfordernd, Emotional, Komisch
Hashtags