Das Dreieck, Quadrat und der Kreis

Kamélia Bancsov

von Kamélia Bancsov

Story

Diese drei berühmten geometrischen Zeichen waren schon eine Weile omnipräsent, aber die Serie „Squid Game“ hat sie noch populärer gemacht. Man muss nur an Straßenschilder und Amazon-Verpackungen denken, es wird einem schnell klar, diese Zeichen sind überall.

Zahlen und geometrische Zeichen sind offiziell trendy. Das waren sie aber schon seit längerer Zeit. Ich muss bei diesem Thema immer an Kant denken, weil er der Einzige war, der Mathematik als etwas a priori Menschliches bezeichnete. Falls sich jemand fragt, was er damit meinte: er stellte sich vor, dass alle Menschen ein intuitives mathematisches Wissen besäßen. In moderner Sprache übersetzt heißt dies, dass Gott einen geometrischen Code in unsere DNA eingebaut hatte, damit wir das Universum verstehen können. Diese Idee finde ich zwar schön, aber die Realität zeigt uns ein anderes Bild. Wir müssen leider das mathematische Wissen mühsam erlernen, sogar die Basics.

Bevor Kant seine berühmte Theorie entwickelte, hatte es kaum Menschen gegeben, die von Mathematik viel hielten. Zwei Jahrhunderte vor Kant galt Mathematik als ein Zweig der sieben freien Künste. Es war also eine Art Kunst und keine Wissenschaft. In der Renaissance bedeutete Sprache umso mehr. Die Sprache galt als eine Form der Magie. Dies ist auf die katholische Kirche zurückzuführen. Religiöse Praktiken waren gleichzeitig magisch, weil sie unerklärlich waren. Alle diese magischen Rituale praktizieren die Priester bis heute bei einer Messe, z.B. die Verwandlung der Hostie, die zum Leib Christi wird.

Heutzutage leben wir in einer mathematischen Welt. Eine Epoche der Quantifizierung. Seit dem 19. Jahrhundert entwickelte sich auf gesellschaftlicher Ebene ein Vertrauen in Zahlen. Alles wird zu einer Zahl. Ein Soziologe, Quetelet, glaubte, dass sogar die Moral messbar sei. Verrückte Zeit, aber wenn man darüber nachdenkt, leben wir noch immer in dieser Matrix. Alles wird heutzutage gemessen. Wir sind nur eine Zahl von vielen. Ein abstraktes Objekt in einer mathematisch-konzipierten Gesellschaft. Theodore Porter kritisierte aus diesem Grund die Quantifizierung. Es sei eine Technologie der Distanzierung, man brauche keinen komplexen Kontext mehr. Die Zahl ist mächtiger als der Begriff, die Zahl ist verlässlich und eindeutig. Wir drücken sogar Emotionen in Zahlen aus. Auf einer Skala von 1-10, wie gruselig erscheint euch unsere quantifizierte Gesellschaft?

© Kamélia Bancsov 2021-10-27

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