von Anne_Ladgam
das ich mir selbst kaufen musste, war ein gelbes Buch ĂŒber KĂŒchenfĂŒhrung und Servierkunde.
Ich kann mich nicht erinnern, dass ich daraus gelernt habe, aber trotzdem hat es bei mir den Stellenwert âkostbarâ. Ich glaube, dass dieses Arbeitsbuch wohl deshalb so wertvoll fĂŒr mich scheint, weil ich circa 350,– Schilling dafĂŒr zahlen musste. Damals bekam ich von meinen Eltern monatlich die Familienbeihilfe – ich hatte genug Geld, aber das Buch war dann doch eine gröĂere Ausgabe, die in Erinnerung bleibt.
Ich war keine begabte SchĂŒlerin, was das Kochen in der Knödelakademie – so nannten wir die Schule damals – anbelangte. Wenn es um die Arbeitsaufteilung bei der Speisenzubereitung ging, war ich immer zurĂŒckhaltend und landete dann oft mit der Freundin bei den Nachspeisen, die sehr oft mit Gelatine zubereitet wurden. Fleisch zubereiten lernte ich dort eigentlich nicht. Trotzdem machte das Kochen in der Gruppe SpaĂ und es war interessant, neue Speisen abseits Mutters KĂŒchenherd kennenzulernen und gemeinsam mit den Schulkolleginnen das erarbeitete MenĂŒ in netter Gemeinschaft zu genieĂen.
Das Ă€nderte sich schlagartig, als ich in eine andere Kochgruppe versetzt wurde. Die Lehrerin dort war zwar sehr gut strukturiert und lehrte uns, das Rezeptbuch wie ein Nachschlagewerk zu fĂŒhren, aber sie hatte die Angewohnheit, uns wegen Kleinigkeiten anzuschreien. Ich war zu ihr gekommen mit der Zuversicht, dass MIR ihre Schreiattacken nichts machen wĂŒrden, aber ich hatte mich wohl getĂ€uscht. Schlagartig schlief ich von Montag auf Dienstag schlecht und wenn die Lehrerin ihre Buchstabenlawine erbrach, war ich eingeschĂŒchtert. Ich verwechselte Messing mit Gold – und das war schon wieder einen Schreianfall wert, nur weil ich die Waagschalen falsch bezeichnet hatte. Meine Eltern ermutigten mich âStell sie dir im Badeanzug vor, das ist nur eine schwache Frau, die auch das Leben genieĂen will wie du!â oder sie beteten fĂŒr mich, aber ich kann mich nicht erinnern, dass es einen Elternverein oder Ăhnliches gegeben hĂ€tte, wo man dieses Problem aufzeigen hĂ€tte können. Ich selbst kam auch nicht auf die Idee, dass ich mich beschweren oder ihr einfach mal mutig kontern könnte. Neben einigem guten Fachwissen bleibt vor allem die Erinnerung an eine psychisch ĂŒberforderte Lehrperson. An eine Frau, die mich in einer Phase, wo ich Ermutigung und Entfaltung gebraucht hĂ€tte, mit ihrem Geschrei und ihren Stimmungsschwankungen, wo sie dann auf einmal besonders sĂŒĂlich war- entmutigt hat. Noch heute kann es sein, dass ich durch einen Besuch gestresst bin und so blockiert, dass ich nicht weiĂ, was ich kochen soll. Meine Diagnose lautet dann: Schul-Schock-Syndrom. Dann mache ich Koloschwarska kapusta. Das habe ich von Mutti gelernt. Und das gelingt immer.
© Anne_Ladgam 2022-02-28