Das Flixbus-Fiasko

Gernot Trost

von Gernot Trost

Story

Im März 2019 war es Zeit für einen Männertrip. Zu viert war man sich schnell einig: Wir fahren nach München. Da eine gute Vorbereitung die halbe Miete ist, lieber fünf Minuten mehr investieren – Merkur Katalog, Städtereisen. Da ist was mit München – gebucht. Es stellte sich nur mehr die Frage: Wie reisen wir an?

Wir, allesamt Freunde des Komforts und Verfechter des Mottos „Das Beste ist gerade noch gut genug“, waren uns schnell einig: Flixbus, 6 Stunden Fahrt, Abfahrt um Mitternacht von Wien – 12€ pro Kopf. („Da kann man schlafen und wenn man aussteigt, hat man noch den ganzen Tag zur Verfügung.“) Ich hatte mir über das Internet sogar noch ein Set bestehend aus Nackenhörnchen, Ohropax und Schlafmaske bestellt. Da war die Welt noch schön und die Luft sauber und genießbar.

Pünktlich zur Geisterstunde bestiegen wir den Bus und da wurde uns bereits zum ersten Mal klar: Hätten wir doch lieber den Zug genommen. Der Bus erinnerte von innen an einen Viehtransporter einer Rinderfarm und auch geruchstechnisch dürfte nicht viel Unterschied gewesen sein. Wir stiegen also die Treppe zur oberen Etage des Stockbusses hinauf und kämpften uns durch die Menschen, die schlafend mit dem Oberkörper in den Mittelgang hingen. Die Suche nach unseren reservierten Plätzen gestaltete sich aufgrund des schwachen Lichtes schwierig und auch dass wir aufgrund der niedrigen Höhe gebückt gehen mussten, war der Sache nicht sehr förderlich. „Entschuldigen Sie, hier sitzen wir.“ Die Person, die mir gerade noch in die Augen gesehen hatte, tat plötzlich so, als würde sie schlafen. „Entschuldigung, das ist unser Platz.“ Widerwillig setzten sich die Fremden in Bewegung und woanders hin.

Da es im Inneren des Busses gefühlte 35 Grad hatte und die Luft komplett veratmet war, war mein erster Griff zur Lüftung über uns. Zu meinem Erstaunen kam aus dem Gebläse jedoch nur heiße Luft. Kommando retour und einfach versuchen zu schlafen. Der Bus setzte sich endlich in Bewegung, ich legte mein Nackenhörnchen an, steckte die Ohropax ein und ein letzter Blick zur Uhr verriet mir, dass es 00:15 war. Ich schloss die Augen.

Heftiges Gerumpel ließ mich hochschrecken. Sind wir schon da? 00:28. Eher unwahrscheinlich. Aufgrund der Hitze war mein Nackenhörnchen bereits nass und die Ohropax lagen in der Ritze zwischen den Sitzen. Meine verdammte Ohrform.

„Zwischenstopp. 20 Minuten Pause.“ 02:45. Keiner von uns hatte bisher geschlafen. Letzte Chance auf ein paar entspannte Stunden: Alkohol. Der macht müde. Auf der Raststation genehmigten wir uns warmen Wodka in kleinen Flaschen von der Kassa.

Doch auch der ließ uns im Stich. Mittlerweile war es 05:30. Als ich mein Leben schon vor meinem inneren Auge vorbeiziehen sah, wurde der Bus plötzlich langsamer. Ah, früher angekommen, als gedacht. Ich schöpfte wieder Lebensfreude.

„Polizei, Passkontrolle.“ Adieu, Lebensfreude.

Als wir um 07:30 endlich aus dem Bus stiegen, war uns klar: Das war erst der Beginn einer unvergesslichen Reise.

© Gernot Trost 2020-08-12

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