„Cooles Cosplay, Respekt!“, rufen mir ein paar Jugendliche hinterher. Ich nicke ihnen höflich und mit schwachem Lächeln zu. Die heutige Zeit macht es mir um so ein vielfaches leichter, meine wahre Identität zu verbergen. Die menschliche Gestalt bereitete mir nie Probleme, aber meine auffälligen Schweife verrieten mich in vergangenen Zeiten sehr häufig. Heutzutage allerdings brauche ich mir diesbezüglich nicht mehr so viele Sorgen zu machen. Werde ich auf meine Erscheinung angesprochen, so muss ich nur behaupten, auf dem Weg zu einer Convention, einer Themenparty oder einem Kostümfest zu sein.
Ihr Haar schimmert tintenschwarz in der Sonne. Genau wie seines, vor ach so langer Zeit! Ich habe entmystifizierte und schwindende Wälder aus Zeit durchquert, um die letzte Nachfahrin meines Sohnes aufzustöbern. Und hier ist sie nun. Ein kaum den Kindesschuhen entwachsenes Menschenkind, nur ganz zart umhaucht vom magischen Schimmer seiner ihm unbekannten Abstammung. Ich lächle. Das kleine Mädchen spielt im Sandkasten des Spielplatzes und gräbt Löcher. Sie trägt ein weißes Shirt mit einem Fuchs darauf. Sie blickt auf. Sieht sich um. Mein altersschwaches Herz erfasst ein frühlingshafter Schauer. Ihre Augen sind grün, genau wie meine.
Bevor sie mich wirklich wahrnimmt, erschaffe ich mit meinem Feuer einige Schmetterlinge. Die Letzte meines Blutes springt begeistert auf und läuft den funkelnden Illusionen hinterher. Ich nutze die Gelegenheit und tue, wofür ich gekommen bin.
Als sie zurückkehrt, bin ich längst verschwunden, genau wie meine Fuchsfeuermagie. Das Kind sieht sich verwundert um, schüttelt den Kopf, als wolle es den seltsamen Zauber loswerden, an welchen ihre Generation schon lange nicht mehr glaubt. Und gerade als sie halb enttäuscht, halb belustigt auflacht, bemerkt sie mein Geschenk. Mein Vermächtnis. Ihre sandigen Finger tasten nach dem Juwel. Sein grüner Glanz ist nur noch ein leichter Schimmer, sein Zauber fast erloschen. Aber es ist alles, was ich noch zu geben hatte. Hier am Ende meines erfüllten Lebens schließt sich der Kreis. Mit einem letzten, müden Lächeln überlasse ich alles Weitere ihr.
Als Ruri das Juwel hochhält, um seinen Glanz zu bewundern, geschieht etwas Seltsames. Der sanfte Schein wird zu einem strahlenden Funkeln! Sie fühlt sich sonderbar. Völlig gefangen. Der Glanz dehnt sich aus, überschauert sie wie eine Gänsehaut und im nächsten Moment, ist nichts mehr wie zuvor. Ruri öffnet die Augen, doch plötzlich sieht sie ganz anders. Und nicht nur ihre Augen, alle Sinne scheinen mit einem Mal geschärft. Aus dem Augenwinkel gewahrt das Mädchen eine Bewegung und schreit unvermittelt auf! An ihrer Rückseite befinden sich fünf bauschige, feuerrote Fuchsschweife.
Das Abenteuer hat begonnen.
© Magdalena Markovic 2025-03-28