Das Gebilde von Menschenhand

Bernhard Fellner

von Bernhard Fellner

Story

„Wann treffen wir drei wieder zusamm‘? Wann ist die „Gelegenheit“ wieder so günstig für uns? Für Angst, Zorn und Rache? Jetzt – genau jetzt! Wer kann die Wurzeln, tief vergraben im Boden, erkennen? Wer kann das grausame Ansteigen von Feindschaft und Vorurteil erklären? Wer handelt jetzt noch vernünftig und wer denkt an die Folgen seiner Taten? Die handelnden Parteien stehen mit dem Rücken zur Wand. Für Vernunft ist da kein Platz mehr. Die Grausamkeit hält Einzug, die Grausamkeit diktiert das Handeln.

Das Denken ist gefesselt durch Angst, Zorn und Rachebedürfnis. Jedermann kann seine Argumente ohne weiteres plausibel erklären. „Seltsamerweise“ sind diese diametral entgegengesetzt!

Es ist im Grunde ein simples GUT – BÖSE – Spiel. Ich bin gut und du bist böse. Ach nein – wahr ist viel mehr (Aufschrei!): Genau umgekehrt entspricht es der Wahrheit!

Und weil du so böse bist, kann ich dich nicht in meinem „Universum“ dulden. Du verstößt gegen meine Grundregeln, gegen meine Gesellschaftsordnung und gegen meine Religion.

Und bist du nicht willig (dich zu ändern), so brauch‘ ich Gewalt!

Zuerst ergreift mich die Angst vor dir, vor deinen Regeln, vor deiner Art zu leben, dann rasen Wut und Zorn über dich, der du so anders bist, dich, den ich absolut nicht verstehe. Beim besten Willen nicht…

Dann kann ich es „nicht mehr aushalten“. Dich nicht mehr aushalten: Ich will Rache. Für all das, was du mir angetan hast! Was das sein soll? Das fragst du noch? (die Zornesröte überzieht mein Gesicht).

Was kann schon passieren, wenn ich dich attackiere? So viel stärker als du bin ich doch. So viel schlauer. So viel besser gerüstet!

Was steigt in dem auf, der angegriffen wird? Angst – dann Zorn – dann Rachegelüste. Komme, was da wolle. Diese Sache muss ausgefochten werden über Trümmer und Leichen hinweg!

Denn wütender wurde der Winde Spiel.

Und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel,

Erglüht es in niederschießender Pracht

… Und wieder ist Nacht.

„Wann treffen wir drei wieder zusamm‘?“

„Ich nenn euch die Zahl.“

„Und ich die Namen.“

„Und ich die Qual.“

Tand, Tand,

Ist das Gebilde aus Menschenhand.“

(nach Theodor Fontane, Die Brücke am Tay)

© Bernhard Fellner 2025-06-13

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Dunkel, Emotional, Reflektierend, Traurig